Dick durch BARF? 4 Fehler, die zu Übergewicht führen

BARF wird ja gerne mal als Allheilmittel gepriesen. So auch bei Übergewicht. Du stellst Deinen Hund bzw. Deine Katze auf Rohfütterung um und schwupps – kullern die Pfunde. Problem gelöst.

Wirklich?

Im Prinzip ist das alles völlig richtig.

Mit einer Futterumstellung von Nass- oder Trockenfutter auf BARF geht in der Regel auch ein Gewichtsverlust einher, denn der Körper Deines Hundes bzw. Deiner Katze muss sich erst an die veränderte Nahrung anpassen, was Arbeit für den Stoffwechsel bedeutet.

Gerade, wenn vorher hauptsächlich Trockenfutter im Napf landete, ist der Gewichtsverlust schnell zu bemerken. Klar, denn Trockenfutter benötigt für die Herstellung einen hohen Stärke- bzw. Kohlenhydratanteil, der sehr viele Kalorien liefert.

Und dazu noch Kalorien, die im Gegensatz zu tierischem Fett für Hunde sehr individuell und unterschiedlich gut zu verwerten sind.

Bei Katzen, die ernährungsphysiologisch  auf die Energiegewinnung aus tierischem Fett und  glucogenen Aminosäuren (aus Fleisch) spezialisiert sind, landet das Übermaß an Kohlenhydraten mehr oder minder direkt auf den Hüften.
Denn die Fähigkeit zur Glucoseverwertung ist bei Katzen nur sehr limitiert vorhanden – der Organismus hat sich in dieser Hinsicht perfekt an den geringen Kohlenhydratanteil in der natürlichen Ernährung von Katzen angepasst.

Kohlenhydrate werden direkt nach der Nahrungsaufnahme als Reserveenergie in erst Glykogen und schließlich in Körperfett umgewandelt. Joa, und da bleibt es dann erstmal.

Das ist übrigens bei Hunden genauso, nur in etwas schwächerer Ausprägung.

Mein Hund ist nach der Umstellung auf BARF dick geworden!

Darüber liest man relativ wenig  – und doch habe ich immer wieder Patientenhalter, die genau das berichten. Dabei sind Hunde etwas öfter  betroffen als Katzen.

Der Verlauf ist eigentlich immer derselbe: In der Umstellungsphase kullerten meist einige Pfunde, dann stagniert das Gewicht, um dann in die Höhe zu gehen und dort zu bleiben.

Auch und gerade wenn der Hund nicht übergewichtig war, bevor er gebarft wurde.

 

Woher kommt das Übergewicht?

Die Frage ist berechtigt, denn normalerweise ist die Gewichtsabnahme, aber vor allem auch, das Gewicht stabil zu halten, bei Rohfütterung deutlich einfacher als mit Trockenfutter.

Und auch gegenüber Nassfutter kann BARF / Rohfütterung in diesen Fällen Vorteile haben. Beim Nassfutter können es appetitanregende oder -verstärkende Inhaltsstoffe sein, die eine Gewichtsabnahme schwer machen.

Beim Trockenfutter liegt dies auch an dem bereits angesprochenen hohen Gehalt an Kohlenhydraten – und „getreidefrei“ ist da nur unbedeutend besser, als wenn mit Getreide oder Getreideklebern gearbeitet wird.

Denn auch in „getreidefreiem“ Futter muss eine Bindung erzielt werden, um die einzelnen Pellets zusammen zu halten.

Das erreicht der Hersteller mit Kartoffeln, Süßkartoffeln, Bananen, Hülsenfrüchten etc., von denen ebenfalls nicht unerhebliche Mengen verarbeitet werden müssen, um eine Bindung der einzelnen Pellets zu erzielen. Das Problem der hohen Zufuhr an Kohlenhydraten bleibt auch da also bestehen.

In der Rohfütterung hat man normalerweise einen maximalen Getreide-Anteil von 10% bei Hunden und 5% bei Katzen, was sich generell günstig auf den Stoffwechsel, die Darmflora und das Körpergewicht auswirkt.

Ein funktionierender Stoffwechsel und eine intakte Darmflora tragen entscheidend dazu bei, das Gewicht stabil zu halten.

 

Fehlerquellen in der Rohfütterung

Wenn der Hund oder die Katze bei dauerhafter Rohfütterung zunimmt, dann gibt es immer eine Ursache. Oft liegt diese im Fütterungsmanagement oder in der Futterzusammenstellung.

Möglicher Fehler Nr. 1: Falsche Futter-Mengen

Wenn man die Futtermenge beim BARFen berechnet, sind 2-3% vom Körpergewicht der gängige Wert für Hunde und 20-40 g Futter pro kg Körpergewicht für Katzen.

Aber: Jeder Jeck ist anders!

Das heisst, diese Angaben sind als Richtwerte zu verstehen, die man gffls an die Bedürfnisse des eigenen Tiers anpassen muss. Faktoren, die dabei eine Rolle spielen, sind die üblichen Verdächtigen: Alter, Aktivitätslevel, Grösse, Kastration, Erkrankungen und die evtl. damit verbundenen Medikamente (wie etwa Cortison).

Kleinere Hunde liegen eher im oberen Bereich oder darüber, große Rassen kommen in der Regel mit 2% gut zurecht. Was für Deinen Hund zutrifft, muss nicht zwangsläufig in dem Rahmen liegen, der für andere Hunde gilt, das muss man auch immer etwas ausprobieren. Liegt die Gesamtmenge pro Tag bei Deinem Hund jedoch unterhalb von 2% und überhalb von 4%, passt sehr wahrscheinlich auch etwas anderes nicht, z.B. die Futterzusammensetzung als solche.

Und ja: Viele Hunde könnten ständig fressen, wenn man sie nur  ließe.
Das heisst aber nicht grundsätzlich, das die Futtermenge nach oben korrigiert werden muss!

Und dann gibt es natürlich noch das Phänomen, dass die Futtermenge beim BARFen in der Regel aufgrund der hohen Verdaulichkeit geringer ist im Vergleich zu vorher.

Und eines spielt auch noch eine Rolle: Der eigene Kopf.
Denn BARF-Rationen wirken relativ klein im Gegensatz zu Fertigfutter. Stichwort bessere Verwertbarkeit.

Und dann ist es nicht angesagt, dem Hund noch ein Löffelchen hiervon und ein Häppchen davon noch zusätzlich in den Napf zu legen, auch er noch so erwartungsvoll schaut.
Im Laufe der Zeit summieren sich die Löffelchen und Häppchen nämlich zu hartnäckigem Hüftgold.

 

Möglicher Fehler Nr. 2: Falsche Futterzusammensetzung

Wenn die Futterzusammensetzung entweder nicht den Nährstoffbedarf deckt oder aber nicht dem kalorischen Umsatz entspricht, ist das immer ein möglicher Grund für eine Gewichtszunahme – auch bei Rohfütterung.

Das sieht man öfter mal, wenn „einfach irgendwie roh“ gefüttert wird und die Notwendigkeit einzelnen Bestandteile bzw. das Verhältnis zueinander nicht klar ist.

Beispiel Fett:

Tierisches Fett ist da ein typisches Beispiel: Hast Du dauerhaft zuwenig Fett am Fleisch, dann wird Dein Hund oder Deine Katze vermehrt Hunger haben.

Was dann häufig gemacht wird, ist: Die Futtermenge erhöhen. Das ändert dann aber meistens nichts am Problem, denn Hund oder Katze scheinen trotzdem nie richtig satt zu werden. Dafür braucht es mindestens 15-20% tierisches Fett, bei älteren Katzentieren können es auch gerne 25% plus sein.

Fütterungskonzepte machen Sinn

Wenn Du Dich an die jeweils empfohlene Zusammensetzung der klassischen Rohfütterungs-Konzepte BARF, Frankenprey bzw. Prey Model Raw hälst, ist die Fehlerquelle einer nicht bedarfsgerechten Zusammenstellung grundsätzlich minimiert.

Was aber dabei trotz allem passieren kann, wenn im Laufe der Zeit verstärkt Pi mal Daumen bzw. nach Gefühl gefüttert wird: Die prozentualen Anteile verrutschen.
Wenn der Hund zum Beispiel häufig Reste von den eigenen Mahlzeiten bekommt, wird meist wenig auf den Anteil an der Gesamtmenge geachtet. Was übrig ist, bekommt halt der Hund. (Das ist gar nicht selten!) Und schwupps, hat man auch hier plötzlich hohe Kohlenhydrat-Anteile aus Kartoffeln, Nudeln, Reis…

 

Möglicher Fehler Nr. 3: Leckerchen nicht einberechnen

Das ist bei Rohfütterung genauso schnell passiert wie bei jeder anderen Fütterungsvariante: Die Leckerchen verschwinden irgendwo vom Radar.

Manchmal, weil Leckerchen einfach zur Gewohnheit geworden sind, Deine Schwiegermama, die auf den Hund aufpasst, es besonders gut meint oder ihr beiden vorrangig mit Futter trainiert (also, Du und Dein Hund bzw. Deine Katze, nicht Du mit Deiner Schwiegermama ;-)).

Wenn man das Ganze dann mal zusammenrechnet, kommen oft erstaunliche Gesamtfuttermengen zum Vorschein.
Die Gewichtszunahme umgehen kannst Du, indem Du entweder die Leckerchen in die gesamte Futtermenge mit einrechnest, was automatisch bedeutet, dass Du einen Überblick über die tägliche / wöchentliche Menge an zusätzlichen Kauartikeln, Leckerchen und Abstaubereien haben solltest.
Oder aber Du kalkulierst Deinen Futterplan oder die tägliche Futtermenge von vorneherein so, dass Du immer noch etwas Platz für zusätzliches hast.

 

Möglicher Fehler Nr. 4: Fehlerquelle Teilbarfen oder Fertig-BARF

Teilbarfen oder Fertig-BARF wird oft als Einstieg in die Rohfütterung genutzt.

Das ist auch so erstmal überhaupt kein Problem und soll Dich jetzt auf keinen Fall davon abhalten, diese Möglichkeiten zu nutzen! Problematisch wird es erst dann, wenn hier die Mengen nicht passen – und insbesondere, wenn BARF mit TroFu kombiniert wird, ist es gar nicht so einfach, diese beiden Fütterungsarten aufeinander abzustimmen, weil sie so verschieden sind wie Äpfel und Kartoffeln, quasi.

Bei Fertig-BARF solltest Du genau wie in der „normalen“  Rohfütterung darauf achten, dass der Anteil an tierischem Fett passt. Der ist bei Komplett-Menüs und Mixen manchmal etwas zu gering oder der Anteil an tierischen Bestandteilen, die im Vergleich zu anderen weniger Nährwerte aufweisen (z.B. Euter, Strosse) sind recht hoch bemessen.

Der Effekt ist immer derselbe: Vermehrter Hunger und dadurch  die vermeintliche Notwendigkeit, mehr und mehr füttern zu müssen.

 

Fazit:

BARF / Rohfütterung kann einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, dass das Gewicht gehalten wird. Rohfütterung alleine ist jedoch kein Garant dafür, dass der Hund oder die Katze zu dick wird –  Fettpölsterchen können durch (unsachgemäße) Rohfütterung genauso schlagartig auf den Rippen sein, wie mit jeder anderen Fütterungsart. Wenn dabei nicht einige grundlegenden Punkte beachtet werden.

Ist der Hund oder die Katze erst einmal übergewichtig, ist es gar nicht so einfach, die zusätzlichen Pfunde wieder zum schmelzen zu bewegen, auch nicht alleine durch BARF.

Fürs langfristige Abnehmen braucht es Strategien – und ab und an muss man darüber hinaus gezielt in die Trickkiste greifen.
Deswegen: Am sinnvollsten ist es, Übergewicht gar nicht erst entstehen zu lassen.

Eine maßvolle, sinnvolle Fütterung ist auch das A und O, wenn Du Deinen Hund / Deine Katze roh fütterst.