Am Anfang ist alles Neue großartig. Stimmt´s? Man platzt vor Motivation, ist voller Tatendrang, alles geht leicht von der Hand. Wenn einen etwas so richtig gepackt hat, dann kann man sich stundenlang in etwas vertiefen, lesen, ausprobieren. Und man ist einfach total begeistert.
Beim BARFen ist es oft genau so. Und das gilt besonders dann, wenn Du aus einem ganz bestimmten Grund auf Rohfütterung umgestellt hast. Vielleicht wegen einer Allergie, Magen-Darm-Problemen oder aus anderen gesundheitlichen Überlegungen heraus. Dann ist man einfach erleichtert und beglückt, wenn sich nach der Umstellung auf Rohfütterung die ersten positiven Veränderungen zeigen und es schrittweise bergauf geht.
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Eigentlich läuft alles gut, aber…
Klingt nach Happy End, stimmt. Aber manchmal bleibt es leider nicht ganz so rosig.
Und manchmal auch mehr als das – vielleicht ist Dir gerade danach zu Mute, alles hinzuschmeißen und die ganze BARFerei einfach wieder sein zu lassen.
Es ist vielleicht auch nur ein Empfinden, nämlich sich mit der Rohfütterung nicht so richtig wohl zu fühlen oder das ganze Thema nervt plötzlich nur noch.
Es gibt unterschiedliche Gründe, warum man sich an irgendeinem Punkt vielleicht mit dem Gedanken trägt, wieder mit der Rohfütterung aufzuhören.
Manche dieser Gründe liegen bei uns selbst, andere stehen in direktem Zusammenhang mit unserem Vierbeiner.
Das Wichtige ist, dass Du in solchen Momenten tief durch atmest und nicht einfach tabula rasa machst. Sondern mit etwas Abstand überlegst, ob das Aufhören wirklich sinnvoll ist.
Sinnvoll meint in diesem Fall: Im Sinne Deines Vierbeiners.
Problem 1: Mäkelei
Auch wenn viele von uns ihre Hunde liebevoll mal „Biotonne“ oder „Müllschlucker“ nennen – es gibt Hunde, die alles andere als das sind, nämlich extrem penibel und mäkelig mit ihrem Futter.
Falsche Fleischsorte erwischt – doof. Zuviel Gemüse für den Hunde-Geschmack? Doof. Innereien? Och, nööö, laß mal.
Und von Katzen und ihren berühmt-berüchtigten Mäkelphasen wollen wir mal gar nicht erst reden.
Aber wie man es auch dreht und wendet: Mäkeleien nerven auf Dauer. Weil man ja doch irgendwie dazu neigt, die menschlichen Maßstäbe anzulegen und davon ausgeht, dass der Vierbeiner fressen MUSS. Also ist man vielleicht entsprechend besorgt und genervt, weil die Fütterung jedes Mal ein kleines Drama ist.
Bei Hunden: Nein, sie müssen nicht immer fressen. Jedenfalls, wenn der Hund gesund und ausgewachsen ist. Im Gegenteil – ein Fastentag entlastet den Magen-Darm-Trakt. Und wenn es ab und zu einfach mal etwas weniger Futter gibt – kein Problem. Wirklich nicht. Das ist reine Kopfsache – bei uns Menschen.
Bei Katzen sieht es etwas anders aus, sie sind tatsächlich auf die regelmäßige Aufnahme von Proteinen aufgrund ihres besonderen Stoffwechsels angewiesen. Katzen sollte man nicht länger als etwa 24 Stunden hungern lassen, das gilt ganz besonders für übergewichtige Katzen. Da muss man also im Zweifelsfall ein wenig nachgeben.
Der Grund, nicht aufzuhören:
Mäkeleien sind nervig, aber lösbar.
Manchmal ist eine Änderung des Futtermanagements die Lösung, manchmal eine Änderung der Futterzusammensetzung. Mit etwas Geduld und Ursachenforschung kannst Du dieses Problem aus der Welt schaffen. Kein Grund, mit dem BARFen aufzuhören.
Vor allem, da dieses Verhalten bei Fertigfutter dann nach einer gewissen Zeit meist genauso auftaucht.
Problem 2: Organisation
Bei der Rohfütterung braucht es etwas mehr Organisation als bei der Fütterung mit Fertigfuttermitteln. Was natürlich auch nicht sooo erstaunlich ist: Nichts ist einfacher, als einen Sack Trockenfutter zu kaufen und zur Fütterungszeit in den Napf zu geben. Bei Nassfutter ist es ähnlich.
Fütterst Du roh, hat man etwas mehr Arbeit als das. Das gekaufte Fleisch bzw. die Futterbestandteile sollen ja ein stimmiges Ganzes ergeben. Also püriert man Gemüse, portioniert Rationen vor oder zerlegt Knochen.
Das trifft besonders diejenigen, die (sehr) kleine Hunde oder Katzen haben.
Dazu kommt auch der Zeitfaktor, denn das Einkaufen, Vorbereiten, Portionieren und hinterher sauber machen erledigt sich ja nicht von alleine.
Und manchmal kommt noch ein erschwertes Drumherum dazu: z.B., wenn Dein Hund Allergiker ist und Du die benötigten Fleischsorten und Innereien in verschiedenen Shops zusammen kaufen musst, die dann auch noch eine Mindestbestellmenge haben.
(Ja, ja, ich weiß, das ist bei Barf-Gut auch nicht anders ;-))
Oder Deine Familie oder Dein Partner kann sich mit der Rohfütterung nicht so recht anfreunden und sieht sich außerstande, die Fütterung zu übernehmen, wenn Du verhindert bist.
Der Grund, nicht aufzuhören:
Organisatorische Schwierigkeiten haben zwar oft ein nervenzehrendes Potential, aber sie sind in der Regel lösbar.
Schau, wo sich etwas vereinfachen lässt, wo Du Abstriche machen kannst oder Kompromisse eingehen.
Vielleicht schaust Du, ob Du Mitbesteller findest. Vielleicht müssen es gar nicht x verschiedene Fleischarten sein. Vielleicht kann Dein Hund auch mal zur Überbrückung Gewolftes statt Stückiges fressen.
Wenn Deine Familie (noch) nicht so richtig mitspielt, bereite alles so gut wie möglich vor, so dass die Fütterung einfach und unkompliziert ist. Kühlschrank auf und den Inhalt einer Gefrierdose in den Napf löffeln, schafft auch jemand, der mit Kochen etc. sonst nichts am Hut hat. Es muss dann ja nicht gleich der Härtetest mit Blättermagen sein. 😉
Und wenn es gar nicht anders geht, ist eine Reinfleischdose auch mal eine Option. Gestalte die Fütterung so, dass sie die Grundbedürfnisse Deines Vierbeines erfüllt – aber Dich und alle Beteiligten nicht unnötig stresst.
Problem 3: Erkrankungen
Wenn Du ein (chronisch) krankes Tier roh fütterst, bist Du in der Auswahl der Inhaltsstoffe und der Zusammensetzung oft relativ eingeschränkt. Und man steht dazu unter einem gewissen Druck, denn dann kommt man meistens zum barfen, weil man muss.
Die Umstellung auf Rohfütterung hat dann ein ganz bestimmtes Ziel, das im Idealfall möglichst kurzzeitig erreicht werden soll.
Der Weg zur optimalen individuellen Rohfütterung ist oft lang und gerade bei Allergien, Pankreatitis, IBD und Gastritis zeigt er sich durchwachsen. Zwei Schritte vor, ein Schritt zurück.
Leider kommt dazu noch oft das Gefühl, dass man etwas falsch machen könnte und dadurch den Zustand seines Tieres verschlimmert statt verbessert.
Der Grund, nicht aufzuhören:
Bei vielen Erkrankungen kann eine frische, nährstoffreiche Fütterung ganz entscheidend zur Stabilisierung und Besserung des Krankheitsbildes führen.
Je nach Erkrankung kann es aber sinnvoll sein, unterstützend die Hilfe einer / eines THPs oder gut ausgebildeten Ernährungsberaters in Anspruch zu nehmen.
Gerade, wenn es nicht so richtig weiter geht, ist es oft hilfreich, mit jemanden zusammen zu arbeiten, der die Situation von außen betrachtet und ganz konkrete Hilfestellungen in punkto Fütterung geben kann.
Problem 4: Unsicherheit
Deinem Vierbeiner geht es gut mit der Rohfütterung. Das siehst Du und das merkst Du: Er/ sie ist fit, freut sich auf das Futter, das Fell glänzt und ist weich.
Aber trotzdem… irgendwie fragst Du Dich doch, ob das alles passt.
Weil man regelmäßig liest, was alles ganz furchtbar schief gehen kann. Weil Dein Tierarzt BARF gegenüber skeptisch ist. Weil Du bei anderen Tierhaltern auf Unverständnis stößt.
Und natürlich ist das ein Gefühl, auf das man irgendwann keine Lust mehr hat. Man möchte schließlich sicher sein, das Richtige zu tun und seine Katze bzw, Hund wirklich so zu füttern, wie es für sie oder ihn am besten ist.
Kurzum: Man möchte, dass es seinem Tier gut geht und sich nicht 24 Stunden am Tag gedanklich mit dem Thema Fütterung auseinander setzen müssen.
Der Grund, nicht aufzuhören:
Unsicherheiten kannst Du ziemlich einfach bewältigen: Indem Du Dir das nötige Wissen verschaffst.
Was dann automatisch passiert, wenn Du dieses Wissen gezielt einsetzt: Du gewinnst Erfahrung. Beides zusammen führt dazu, dass man sich nicht mehr so leicht verunsichern lässt und auch nicht ständig draüber nachgrübelt, ob man mit seiner Fütterung bzw. Futterzusammenstellung im grünen Bereich liegt.
Sich ab und zu auch mal selbst zu hinterfragen, ist gut – ständige Zweifel führen aber nur dazu, dass man sich im Kreis dreht. Und da ist Wissen ein wesentlicher Schlüssel.
Problem 5: Finanzieller Engpass
Das ist ein Problem, das ganz gerne mit Stillschweigen bedeckt wird. Denn die Reaktion von Außenstehenden ist oft etwas reflexhaft: Es wird gefragt, warum es denn die vermeintlich teure Rohfütterung sein muss.
Nehmen wir in dieser Situation mal an, Dein Hund oder Deine Katze hat keine gesundheitlichen Einschränkungen und Du stellst auf ein richtig günstiges Trockenfutter um. Das bedeutet dann erst einmal tatsächlich, dass Du deutlich weniger Geld für die Fütterung ausgeben wirst.
Aber: Wenn Du vorher roh gefüttert hast, ist der Wechsel sehr heftig – zum einen natürlich für den Magen-Darm-Trakt.
Man bemerkt außerdem schnell Veränderungen, die man nicht wirklich braucht: Der Hund riecht wieder mehr, meistens auch aus dem Maul. Das Fell verändert sich (und zwar nicht zum Besseren). Blähungen können verstärkt auftreten. Hunde, die zur Gewichtszunahme neigen, werden moppeliger.
(Klar, denn in dem richtig günstigen Futter ist in der Regel extrem viel Getreide enthalten. Zusätzlich können Geschmacksverstärker, etwa aus der Familie der Glutamate, dafür sorgen, dass das Sättigungsgefühl reduziert wird.)
Und bei Katzen ist Trockenfutter leider ein Garant dafür, dass Du früher oder später vermehrt Tierarztbesuche auf der Agenda hast – die deutlich teurer sein können.
Der Grund, nicht aufzuhören:
Auch beim Barfen kann man die Kosten verringern. Zum Beispiel, in dem Du Einkaufsgemeinschaften bildest oder bei Schlachthöfen, Wochenmärkten, Jägern oder in landwirtschaftlichen Betrieben direkt anfragst. Vieles wird für den menschlichen Verzehr nicht genutzt und ist deswegen günstig. Und es ist gar nicht selten, dass einiges auch kostenlos zu bekommen ist.
Beim Obst und Gemüse kann man durchaus noch etliches verwenden, was wegen beispielsweise Druckstellen o.ä. nicht mehr in den Handel kommt oder aussortiert wird.
Und es ist auch kein Thema, wenn Du kurzzeitig den z.B. Pansenanteil etwas nach oben fährst oder den pflanzlichen Anteil um 5% erhöhst. Es soll ja nicht für ewig sein. Nur Schlundfleisch und Kehlköpfe, die oft auch günstig zu bekommen sind, sollten nicht Hauptbestandteil der Fütterung sein – hier können noch aktive Schilddrüsenhormone enthalten sein, was dauerhaft problematisch wäre.
Fazit:
Meistens kann man die Gründe, die einen zu der Überlegung führen, BARF wieder aufzugeben, gut benennen – und abstellen. Nicht immer von heute auf morgen. Mitunter muss man sich mit Kompromissen anfreunden oder sich ganz bewusst die Vorteile vor Augen führen, die barfen mit sich bringt.
Aber in den allermeisten Fällen lohnt es sich, dabei zu bleiben. Denn schließlich macht man das Ganze ja nicht für sich selbst, sondern für sein Tier.
Deswegen: Wenn es wirklich aus gesundheitlicher Sicht notwendig sein sollte, nicht weiter roh zu füttern, dann ist das ein zwingendes Argument. In allen anderen Situationen hilft es meistens, sich klar zu machen, warum einen das Thema nervt oder stresst und nach Lösungen zu suchen.