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BARF und Pie mal Daumen – kann das funktionieren?

 

Das Leben ist kompliziert – na ja, manchmal.

Aber kompliziert ist auch nicht immer gleichermaßen kompliziert.

 

Zum Beispiel: Technik hat zwar eigentlich nicht kompliziert zu sein, ist es aber halt trotzdem irgendwie meistens.
Deshalb fluchen wir ein bißchen, wenn der Parkschein nicht aus dem Automaten kommt oder der W-LAN-Router der Weg ins Netz nicht findet, aber es ist eben so, wie es ist. Machste nix, Technik halt.

Menschen – ab und zu mal kompliziert. Hunde-Erziehung –  ach herrje, ja gut, läuft nicht immer rund, aber das ist ja normal. So what.
IKEA-Kommoden aufbauen – brauchen wir nicht drüber zu reden, kompliziert. (Vor allem dann, wenn die Anleitung für die Schubladen seitenverkehrt aufs Papier gebracht wurde.)

 

Und Fütterung?

Was aber auf keinen Fall kompliziert sein darf: Hunde-Fütterung. Oder Katzenfütterung, je nachdem.

Der wichtigste Grund, warum Industriefutter so erfolgreich ist: Unsere eigene Bequemlichkeit.
Das betrifft aber nicht nur Fertigfutter.
Der boomende Markt für Fertig-BARF, die Fleisch-Mixe für jede vermeintliche Lebenssituation von Hund und Katze, die Suche nach der perfekten, abgepackten Innereien-Mischung – wir mögen es halt auch bei der Rohfütterung gerne einfach. Es soll perfekt sein, aber es soll eben auch nicht so kompliziert sein.

Was auch in Ordnung ist, gar keine Frage! Schließlich haben wir alle noch ein Leben außerhalb von BARF und niemand von uns hat unendlich Zeit. Und wenn wir Zeit haben, dann möchten wir vielleicht auch einfach mal mit einem Glas irgendwas auf der Terrasse sitzen und uns nicht mit Fütterung beschäftigen.

Und deswegen kürzen wir ab, wir schummeln an der ein oder anderen Stelle, wir versuchen, es uns einfacher zu machen.

Einen Hund zu füttern bedarf in der Regel keiner besonderen Fähigkeiten. Man stellt den Napf vor den Hund oder den Hund vor den Napf und der Hund frisst.

Fressen ist ein Grundbedürfnis, ein Erhaltungstrieb.
Die Fütterung muss nicht ausgewogen oder an den Hund angepasst sein, damit der Hund frißt. Hunde füttern ist in 90% aller Fälle ein Selbstläufer.

Niemand fordert einen Sachkundenachweis dafür (was manchmal vielleicht gar keine so absurde Idee wäre), niemand braucht zu belegen, warum er seinen Hund oder seine Katze so füttert und nicht anders.

Aber nur, weil man keine besonderen Fähigkeiten, kein besonderes Talent benötigt, um etwas zu tun, heisst es nicht, dass Kenntnisse dabei nicht hilfreich wären.

Denn: Solange etwas irgendwie funktioniert, muss man sich auch nicht zwingend Gedanken dazu machen. Es reicht doch, wenn man „irgendwie“ füttert. Und roh zu füttern ist ja immer besser als jede andere Fütterung, richtig?

Tja. Schon wieder ein Haken: Rohes Fleisch alleine macht leider auch noch keine gute Fütterung.  Nichts abwiegen, nichts berechnen, einfach machen – hach, verlockend.

 

Warum es durchaus auch mal kompliziert sein darf

Es gibt mehrere Gründe, warum ich das Statement „ich barfe pi mal Daumen“ kritisch sehe.

Es wäre Blödsinn zu sagen, dass ich das nie mache. Und ich bin genauso gegen eine Über-Akribie an Stellen, an denen sie keinen Sinn macht. Nur, weil ich eine Feinwaage mit einer Genauigkeit von 0,01 Gramm mein Eigen nenne (Zufall!), heisst das nicht, dass ich nicht auf-oder abrunde.
Denn seit der Dicke nicht mehr lebt, müssen z.B. die Tages-Portionen nicht mehr so akribisch abgewogen werden. Trotzdem wäre es gerade bei Katzen relativ leichtsinnig, alles nur so flockig aus der Hüfte zu machen, ohne einen genaueren Überblick über die Mengen zu haben.

Beim Hund kann man manches durchaus etwas entspannter sehen (Solange der Hund gesund und ausgewachsen ist), aber eben nicht fahrlässig locker.

Muskelfleisch, Bindegewebe, Innereien, Fett, Zusätze, Ballaststoffe: Es braucht eben ein bestimmtes Verhältnis der Futterbestandteile zueinander.

Die Futtermengen müssen zum Körpergewicht und zur Aktivität passen.
Und unter Umständen braucht es auch mal den ein oder anderen Zusatz, um eine optimale Nährstoffversorgung zu gewährleisten.
Wer da ausschließlich auf „Natur“ pocht und „aber der Wolf braucht doch XYZ auch nicht“, dem ist nicht klar, dass es beim BARFen zwar um eine naturnahe Ernährung geht, aber selbstverständlich auch um die bestmögliche Versorgung mit Nähr-und Vitalstoffen. Und dass Beutetiere des Wolfes sich eben doch von Masttieren unterscheiden.

 

„Ich seh doch, ob meinem Tier etwas fehlt“

Bedenken werden da gerne mal an die Seite gewischt. „Ich seh das doch, wenn meinem Hund  / meiner Katze irgendwas in der Fütterung fehlt!“

Pustekuchen. Nein, das sieht man nicht.

Klar sieht man, wenn das Fell nicht glänzt, Hund oder Katze mehr haart als sonst oder die Haut schuppig ist.
Die Ursachen dafür können aber sehr vielfältig sein. Das kann von einem Mangel an gesättigtem Fett über fehlende Omega-3-Fettsäuren über zu geringe Flüssigkeitsaufnahme bis hin zu Nierenerkrankungen oder Morbus Cushing gehen.

Und anders herum: Solange halbwegs ausreichend Fett und ein paar Omega-3-Fettsäuren in der Fütterung sind, sieht das Fell oft auch passabel aus.

Fett kaschiert ziemlich viel, was die Optik angeht. Ein Grund, warum auch Fertigfutter basierend auf minderwertigen Inhaltsstoffen funktioniert. Ausreichend Fett und die B-Vitamine nicht zu niedrig angesetzt, dann sieht das Fell auch bei Futter aus 60% Getreide und 40% schlecht verwertbaren tierischen Nebenerzeugnisse noch nicht so schlimm aus, dass man sich Gedanken machen müsste.

Und alles andere sieht man nicht von außen. Keine Chance. Es gibt keinen anderen äußeren Anzeiger.
Kein Ohr, was pro fehlenden 50 iE Vitamin einen halben Zentimeter tiefer hängt. Kein Schnurrhaar, was sich bei zuwenig Eisen in der Fütterung pink färbt.

Oder man sieht es erst viel, viel später, nämlich dann, wenn der ein Nährstoffdefizit oder -überschuß Probleme mit sich bringt, die nicht mehr zu ignorieren sind.

Denn die Anzeichen sind erst dann sichtbar, wenn sie mit einer Erkrankung einhergehen und / oder der Körper ein Ungleichgewicht in der Fütterung nicht mehr kompensieren kann.

Vieles sieht man auch gar nicht. Wer kann schon sagen, ob ein Tumor schlichtweg ein Zufallsprodukt war oder ob Konservierungsstoffe in irgendeiner Vitamin-Vormischung eine Rolle gespielt haben?

Manchmal hört man auch: „Du, ich hab jetzt seit 30 Jahren Hunde, ich hab noch nie was abgewogen und alle sind nie krank gewesen und alt geworden.“
Das ist gut und das ist wunderbar. Aber man darf nicht den Fehler machen und das als allgemein gültig darstellen. Denn trotz allem sind das in der Regel Einzelfälle, keine wissenschaftlich begleitete Versuchspopulation über mehrere Generationen, die immer dasselbe Futter bekommen hat.

 

Es ist nicht kompliziert.

Und ganz ehrlich, wo ist der Punkt? Sich mal einen Sonntag Nachmittag für zwei Stunden in die Küche zu stellen und Innereien abzuwiegen und zu portionieren? Oder mal eben kurz zu überprüfen, ob die Verteilung der einzelnen Futterbestandteile noch passt? Irgendwas auf eine Waage zu schmeißen? Das ist zuviel? Ernsthaft?

Was ich verstehen kann und absolut nachvollziehen kann: Dass Du das nicht tust, weil Du unsicher ist. Nicht so richtig weißt, ob das, was Du da tust, richtig ist.

Aber das ist ja das Schöne: Man kann sich helfen lassen. Gilt genauso, wenn Du einfach keine Lust oder keine Zeit hast, Dich mit den Details der Rohfütterung auseinander zu setzen.  Dann suchst Du Dir jemanden, der Dich unterstützt und kannst dafür die Suche nach dem perfekten Fertig-BARF ab sofort aufgeben.

 

Aber nur, damit die Fütterung vermeintlich nicht kompliziert sein darf?
Weil man das bei sich selbst ja auch nicht so macht?
(Wobei: Würde man das machen, hätten wir wahrscheinlich deutlich weniger Probleme mit Übergewicht, mit Gicht, mit Diabetes, mit Pankreaserkrankungen.)

Und Du musst doch auch nicht ständig alles abwiegen. Aber es schützt vor Fehlern. Augenmaß täuscht oft. Und niemand möchte von uns in dem Fall, dass unser Tier krank wird, ernsthaft in Erwägung ziehen müssen, dass vielleicht doch die Fütterung Schuld war und / oder man nicht genau genug gearbeitet hat.

Manchmal braucht man halt etwas Grundlagenwissen, um etwas überhaupt zu können. Nicht immer schüttelt man alles so locker aus dem Handgelenk wie Mr Trump Twitter-Statements zur Lage der Nation.
Und ja, es macht auch Sinn, ab und zu mal etwas zu überprüfen und vielleicht auch zu optimieren. Das ist etwas sehr Normales. Nichts, wofür man sich schämen muss. Nichts, was kompliziert ist. Wirklich nicht.

 

Ute Wadehn:
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