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Buchblick: Hunde würden länger leben, wenn…-Schwarzbuch Tierarzt“ von Dr. med. vet. Jutta Ziegler

Nach Ulrich Grimms „Katzen würden Mäuse kaufen“ und „Schwarzbuch Hund“ von Christoph Jung ist „Hunde würden länger leben, wenn…“ bereits das dritte Schwarzbuch, das sich kritisch mit der aktuellen Haustier-Situation auseinander setzt.

Dr. vet. med. Jutta Ziegler ist praktizierende Tierärztin in Hallein (Österreich), wo sie eine Kleintierpraxis betreibt. Im Laufe ihrer tierärztlichen Tätigkeit beschäftigte sie sich nach und nach verstärkt mit alternativen Heilmethoden sowie mit artgerechter Fütterung, die heute einen Schwerpunkt ihrer Arbeit ausmachen.

Futtermittel und Tierärzte – Eine unendliche Geschichte

Das vorliegende Buch beschäftigt sich daher auch insbesondere mit den Verknüpfungen zwischen tierärztlicher Praxis und Futtermittelindustrie, die Frau Dr. Ziegler im ersten Drittel des Buches eingehend beleuchtet.
Und das sehr anschaulich: Wenn man über eine Erkrankung eines Tieres zur Rohfütterung gekommen ist, wird man sich zweifelsohne in vielen Textstellen so oder so ähnlich wiederfinden.
Die teilweise paradoxen Fütterungsvorschläge bei Futtermittelallergien oder die Zusammenhänge zwischen Harnsteinen / CNI bei Katzen und den empfohlenen Spezialfuttermitteln sowie zwischen Gelenkserkrankungen und Fertigfutter – all diese skizzierten Fallbeispiele und Dialoge treffen den Kern der gängigen Behandlungsschemata in vielen tierärztlichen Praxen sehr exakt.
Natürlich, könnte man sagen, denn schließlich merkt die Autorin an mehreren Stellen im Buch an, dass auch sie jahrelang nach diesen weit verbreiteten Schemata gearbeitet hat, ohne sie weiter zu hinterfragen.

Dass die enge Verzahnung zwischen Futtermittelindustrie / Tierärzte nicht von ungefähr kommt, sondern durchaus systematisch forciert wird, porträtiert Ziegler umfassend. Genauso wird auch deutlich, dass Tierärzte innerhalb des Studiums sowie in späteren (oft von Futtermittel-Hersteller gesponserten) Fortbildungen, Klinikpraktika kaum mit alternativen Fütterungsformen in Berührung kommen und daher auch später konsequenterweise in der eigenen Praxis industriell gefertigtes Futter ersatzlos weiterempfehlen. Ganz nebenbei sind Fertigfutter und Futterergänzungen selbstverständlich auch eine nicht unwesentliche Einnahmequelle der meisten Tierarztpraxen.
Die aufgezeigten Verflechtungen dürften insbesondere Tierhaltern, die sich notgedrungen anlässlich einer Grunderkrankung mit der Ernährung ihres Hundes oder ihrer Katze beschäftigen mussten, nicht unbedingt neu sein.

 

Darf es ein bißchen mehr sein?
Impfungen, Entwurmungen, Antibiotika…

Ähnliches gilt für das anschließende Kapitel „Impfungen“, hier geht die Autorin weitgehend konform mit den Inhalten von Monika Peichls (sehr empfehlenswertem) Buch „Haustiere impfen mit Verstand“.
Bei den Impfungen, die die Autorin als empfehlenswert betrachtet, hätte man sich durchaus detaillierte Informationen gewünscht, gerade zur auch Antikörperbildung. Auch die kritisch betrachteten Impfungen wie z.B. Borreliose, Leptospirose und FIP werden extrem kurz abgehandelt – auch hier würden einige Sätze mehr oder zumindest Hinweise zu weiterführender Literatur gut tun, um dem Leser ein vollständigeres Bild zu vermitteln.

Wirklich interessant und wesentlich weniger oft besprochen als die Impfdiskussion, ist die Betrachtung eines Phänomens, das sich in den letzten Jahren entwickelt hat, nämlich Verhaltensauffälligkeiten bei Hunden medikamentös mit Psychopharmaka / Hormonpräparaten zu behandeln.
Die Tendenz, die im Humanbereich schon längst eine gewisse Normalität erlangt hat, setzt sich auch bei unseren Haustieren fort: Probleme können oftmals einfacher per „Pille“ oder Spritze behandelt werden als mit einer gründlichen Analyse des Tieres und seiner Situation und einer oft langwierigen, Zeit und Nerven kostenden Verhaltenstherapie. Störende Verhaltensweisen werden eher mit dem Augenmerk auf „schnell“ als „dauerhaft“ wegtherapiert.
Das im Buch herangezogene Fallbeispiel einer Hündin, bei der die alleinige Umstellung des Futters auf BARF für eine Wesensänderung ausreichte, kann man sicher nicht alleine als exemplarisch ansehen. Auch hier gilt natürlich, dass die (artgerechte) Ernährung ein ganz wesentlicher Bestandteil der physischen und auch psychischen Gesundheit ist. Etwas mehr „Hunde-“ oder „Katzenverstand“, weniger Medikamente, das sollte der Leitsatz sein.

Sehr eindringlich widmet sich die Autorin auch dem unkontrollierten Einsatz von Antibiotika, Cortison und Antiparasitika. Der Zusammenhang zwischen symptomatischen Behandlungen wie der Langzeit-Cortison-Gabe und systemischen Erkrankungen wie Morbus Cushing, Morbus Addison etc. wird klar und verständlich gezeichnet.
Nicht weniger alarmierend ist der „Standard“-Einsatz von Antibiotika und den daraus resultierenden Folgen wie eine nicht existierende Darmflora, Auswirkungen auf das Immunsystem etc.
Gleiches gilt für prophylaktisch verabreichte Wurmkuren, Flohmittel und Spot-Ons: Hier muss klar differenziert werden, ob der Einsatz angeraten ist, denn die enthaltenen Nervengifte, Hilfsstoffe und Konservierungsmittel haben selbstverständlich auch Auswirkungen auf die behandelten Haustiere.
Diese Risiken und Nebenwirkungen sind für jeden Tierhalter notwendige Informationen, auch die Auflistung der bedenklichen Hilfs-und Konservierungsstoffe ist etwas, was den regelmäßigen, rein präventiven Einsatz von Antiparasitika mehr als kritisch erscheinen lässt.

Ergänzend befasst sich Frau Ziegler mit Übergewicht bei Haustieren und falsch eingesetzter Gerätemedizin. Als Abschluss enthält das Buch sowohl Grundlagen zur Umstellung auf BARF sowie konkrete Hinweise, die Tierhaltern zur Orientierung dienen können, um notwendige von unnötigen Behandlungen zu unterscheiden.

 

Fazit

Viele Themen des Buches sind nicht unbedingt neu oder bieten völlig neue Erkenntnisse. Etliche Informationen finden sich mittlerweile auch in Foren oder generell im Internet. Teilweise würde man sich weiterführende, vertiefende Inhalte oder eine etwas komplexere Abhandlung wünschen oder auch mehr Verweise auf wissenschaftliche Quellen.
Trotzdem ist das Buch gut und flüssig lesbar und liefert gute Gründe, sich als Tierhalter zu trauen, Sinn oder Unsinn von Behandlungsmethoden zu hinterfragen. Fairerweise muss man sagen, dass es selbstverständlich auch Tierärzte gibt, die sehr verantwortungsvoll und individuell behandeln, auch das sollte man keinesfalls vergessen.
Auch wenn das Thema „BARF“ bei vielen Tierärzten immer noch keine Begeisterungsstürme auslöst, findet man doch mehr und mehr Veterinäre, die dem Thema zumindest nicht mehr völlig ablehnend gegenüber stehen. Auch deshalb lohnt es sich, solange zu suchen, bis man einen Tierarzt gefunden hat, bei dem man sich rundum gut aufgehoben fühlt.

Etwas irritierend wirkt die Tatsache, dass auch Frau Dr. Ziegler neben Ihrer tierärztlichen Tätigkeit Futter vertreibt, darunter auch das von ihr im Buch gescholtene Trockenfutter. Dieses ist zwar kaltgepresst hergestellt, beinhaltet aber einen wirklich nicht unerheblichen Getreideanteil, wenn man sich die Deklaration anschaut.

Aber genau die Tatsache, dass Katzen und Hunde Karnivoren sind, nimmt Frau Ziegler im Buch mehr als einmal als Grundlage für ihre Ausführungen. Auch dass in den im Netz zu findenden Presseerklärungen etc. stets der Hinweis inkl. Webadresse auf den entsprechenden Futtermittelvertrieb inkl. des Trockenfutters erfolgt, hinterlässt zumindest ein gedankliches Stirnrunzeln.

 

Ute Wadehn:
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