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Erinnerst Du Dich noch?
Vor etwa zwei Jahren stand Schwarzkümmelöl ganz schlagartig im Fokus von Hunden-und Katzenmenschen: Ein damals 18-jähriger Schüler hatte mit einem Experiment bei Jugend forscht teilgenommen, anhand dessen er zu dem Ergebnis kam, dass Schwarzkümmelöl vermutlich auf Zecken abschreckend wirkt. Und wurde damit in Bayern Drittplazierter.
Anlass für seine Experimente war die Beobachtung, dass sein eigener Hund weniger von Zecken heimgesucht wurde, seit er wegen einer Allergie Schwarzkümmelöl ins Futter gemischt bekam.
Schwarzkümmelöl war bis dahin tatsächlich eher zur Modulation und Stärkung des Immunsystems bekannt, also beispielsweise bei Allergien. Oder zur Unterstützung bei Atemwegserkrankungen.
Als die ersten Pressemitteilungen vor 2 Jahren durch diesen Jugend-forscht-Beitrag ein endlich entdecktes Wundermittel gegen Zecken vermuten ließen, muss es so etwa Frühsommer / Sommer gewesen sein, so ganz genau weiß ich es nicht mehr. In jedem Fall Zecken-Hochsaison.
In den nachfolgenden Wochen begann daher bei uns im Shop ein nie gekannter Run auf das Schwarzkümmelöl, das bislang eigentlich eher in kleinen Mengen nachgefragt wurde.
Was soweit führte, dass es am Ende des Sommers sogar den ersten längerfristigen Engpass der Ölmühle gab, weil offensichtlich alle Welt plötzlich Schwarzkümmelöl in exorbitanten Mengen äußerlich und innerlich verwendete.
Irgendwann kamen dann aber die ersten Bedenken und es kursieren vermehrt Äußerungen, dass Schwarzkümmelöl lebertoxisch wirke. Man es auf gar keinen Fall verwenden solle.
Das wiederholt sich auch jedes Jahr wieder, sobald die Zeckensaison beginnt: Das Für und Wider in Sachen Schwarzkümmelöl.
Mehr Schaden als Nutzen?
Gut, schauen wir uns das Ganze doch einfach mal genauer an.
Die Krux am Schwarzkümmelöl ist sozusagen, dass es wenig gesicherte Erkenntnisse gibt. Die Kommission E hat Schwarzkümmel ebenso wenig untersucht wie die heutige EU-Organisation HMPC (Herbal Medical Product Committee).
Und wie sieht es mit Forschung und Studien zum Schwarzkümmel(-öl) aus? Gut. Ja, wirklich.
Zumindest der Menge nach.
Erforscht wurde beispielsweise:
- ob die im Schwarzkümmel enthaltenen Alkaloide antibakteriell wirken
(was bestätigt wurde, in Bezug auf Gram-positive Bakterien deutlicher als bei Gram-negativen und abhängig von der Konzentration der Alkaloide) (1) - inwiefern ein wässriger Schwarzkümmel-Auszug vor Leberschäden schützen kann, verursacht durch Tetrachlormethan, einem stark leberschädigenden und kanzerogenen Stoff
(Leberschützende Eigenschaften wurden in diesem Fall bestätigt) (2) - inwiefern unterschiedliche Auszüge aus Schwarzkümmel in verschiedenen Dosierungen leberschädigend / toxisch bzw. lethal wirken können (nur in einer Variante bei hohen Dosen degenerative Schädigung von Leberzellen, kein Mortalität) (3)
- ob Schwarzkümmel-Auszüge eine nierenschützende, antioxidative Wirkung aufweisen können (dies wurde bejaht) (4)
- ob Inhaltsstoffe des Schwarzkümmels allergisches Asthma / Heuschnupfen beeinflussen können
(dazu gab es bereits etliche Studien zu, mit unterschiedlichen Schwerpunkten und unterschiedlichen Versuchsanordnungen. In allen zeichnete sich ab, das die Inhaltsstoffe des Schwarzkümmelöls anti-entzündliche Eigenschaften aufweisen, die allergische Reaktionen mindern können) (5)
Schwarzkümmel (-öl) und dessen Inhaltsstoffe sind Gegenstand wirklich zahlreicher Studien. Vor allem die anti-entzündliche Wirkung wurde immer wieder in unterschiedlichen Fragestellungen untersucht und bestätigt. (z.B. 6)
Jetzt kommt das große ABER: Die meisten Untersuchungen von Schwarzkümmel / Schwarzkümmelöl wurden entweder nur in vitro durchgeführt oder im Tierversuch an Mäusen oder Ratten. Inwiefern die Ergebnisse dann auf Hunde und Katzen übertragbar sind, ist immer so eine Sache. So ganz einwandfrei funktioniert das meistens nicht.
Oft sind die Studien auch nur über einen recht kurzen Zeitraum durchgeführt worden.
In Bezug auf allergische Geschehen und anti-entzündliche Prozesse sind auch Studien zu finden, die sich auf den Menschen beziehen.
Aber in Bezug auf Hunde sind gesicherte Forschungs-Ergebnisse wirklich sehr überschaubar, um es mal vorsichtig auszudrücken.
Dazu kommt, dass in vielen Studien nur einzelne, isolierte Inhaltsstoffe getestet wurden, nicht aber die Auswirkungen des Zusammenspiels der enthaltenen unterschiedlichen Pflanzenstoffe. D.h., die Ergebnisse kann man ggffls nicht einfach eins zu eins auf den Gebrauch von Schwarzkümmelöl übertragen.
Was macht man dann also in solchen Fällen?
Wir müssen uns auf den gesunden Menschenverstand verlassen.
Besinnen wir uns mal auf das, was wir über Schwarzkümmelöl zweifelsfrei wissen.
Gesichert ist in jedem Fall der hohe Anteil an ätherischen Ölen.
Das erkennt man auch ohne besondere Kenntnisse sehr eindeutig, denn Schwarzkümmelöl hat diesen unverkennbaren leicht scharfen Geruch, aus dem deutlich der Namensgeber Kümmel zu erkennen ist.
Und der Geruch ist auch ziemlich hartnäckig – wer sich mal aus Versehen mit Schwarzkümmelöl bekleckert hat, weiß, was ich meine.
In dem Moment, in dem uns bewusst wird, dass in einem Öl oder einer Pflanze offensichtlich ziemlich viele ätherische Öle enthalten sind, sollte es direkt bei uns „Klick“ machen und im Hinterkopf sollten zwei Dinge auftauchen:
- ätherische Öle müssen über die Leber abgebaut werden
- und das wiederum hat zur Folge: Ätherische Öle sollten aus diesem Grund immer funktional und in kleinen Mengen eingesetzt werden
Wenn man sich das vergegenwärtigt, hat man schon wesentliche Punkte im Umgang mit Schwarzkümmelöl an der Hand.
Und dann gibt es noch einen Punkt, der sich aus der genannten Datenlage in Bezug auf Schwarzkümmelöl ergibt – man hat keine 100%tig sicheren Angaben zur Dosierung.
Aber das ist ein Problem, dass allen, die roh füttern, ohnehin ziemlich vertraut ist: Egal, ob Kräuter, Spurenelemente oder Vitamine, man muss manchmal damit leben, dass nicht alles so gut erforscht ist, wie man sich das wünschen würde oder dass die Angaben zu Dosierungen mitunter voneinander abweichen.
Wann auf gar keinen Fall Schwarzkümmelöl?
Katzen
Bei Katzen. Denn Katzen und ätherische Öle ist grundsätzlich so gut wie nie eine besonders gute Kombination.
Und auch hierbei ist wieder die mangelnde Glucuronidierung der Katze die Ursache. Im Normalfall werden die enthaltenen Terpene und Phenole in einem ätherischen Öl an Glucuronsäure in der Leber gebunden, um sie wieder aus dem Körper zu schleusen.
Das ist beispielsweise bei Hunden oder auch bei uns Menschen so.
Bei Katzen funktioniert dieser Möglichkeit des Abbaus nur sehr langsam. Und zwar, weil ihnen ein bestimmtes Enzym fehlt, das bei der Glucuronidierung hilft, fettlösliche Moleküle in wasserlösliche Stoffwechselendprodukte umzuwandeln. (Ja, ja, Katzen und ihre fehlenden Enzyme – ein unerschöpfliches Thema.)
Kurz gesagt: Bei Katzen keine ätherischen Öle zur äußerlichen Anwendung und keine Öle, die einen hohen Anteil an ätherischen Ölen aufweisen, ins Futter. Punkt.
Lebererkrankungen
Aus dem, was wir zu Schwarzkümmelöl wissen, ergibt sich dann natürlich auch, dass man es auch bei Hunden in bestimmten Fällen nicht anwenden sollte. Beispielsweise, wenn Lebererkrankungen vorliegen oder auch dann, wenn regelmäßig beispielsweise Schmerzmittel genommen werden müssen. Denn mit deren Abbau hat die Leber meistens ohnehin genug zu tun.
Oder anders formuliert: Wird die Leber aus irgendeinem Grund ohnehin über das „normale“ Maß hinaus beansprucht – dann kein Schwarzkümmelöl zusätzlich.
Trächtigkeit
Und: Öle oder Präparate mit einem hohen Anteil an ätherischen Ölen dürfen nicht an trächtige Hündinnen verabreicht werden, da sie einen Abort fördern können.
Sollte man Schwarzkümmelöl dann überhaupt verwenden?
Nichts muss, vieles kann.
In der traditionellen Verwendung werden geradezu Lobeshymnen auf Schwarzkümmelöl gesungen und im orientalischen Raum, wo Schwarzkümmel vorrangig angebaut wird, ist es eines DER Hausmittel (für den Menschen). Und das hat auch seine guten Gründe.
Wozu Schwarzkümmelöl wirklich ganz hervorragend geeignet ist: Als tropfenweise (!) Zufütterung bei Allergien und Haut-/Fellproblemen. In diesem Fall verwendest Du es aber nicht täglich, sondern kurweise etwa 2-3 x pro Woche.
Auch eine leicht wurmwidrige Wirkung wird Schwarzkümmelöl zugesprochen, allerdings würde man auch hier immer mit sehr kleinen Mengen arbeiten und auch hierbei ist die tägliche Gabe weder erforderlich noch empfehlenswert.
Für diese beiden Anwendungsbereiche kann Schwarzkümmelöl aus meiner persönlichen Erfahrung mit sehr guten Ergebnissen genutzt werden, aber eben unter Berücksichtigung dieser Punkte:
- nicht täglich verabreichen
- nur in kleinen Mengen verwenden
- nie für Katzen, trächtige Hündinnen oder bei Beeinträchtigung der Leber verwenden
Und: Es sollten selbstverständlich immer hochwertige, kontrollierte Öle verwendet werden, am besten mit gesichertem Herkunftsnachweis, vorzugsweise in Bio-Qualität.
Fazit
Die Menge macht das Gift.
Was für so viele andere Dinge gilt, trifft auch für Schwarzkümmelöl zu. Werden also hohe Mengen täglich zur Zeckenprophylaxe eingesetzt, bringt Schwarzkümmelöl mittel- bzw. längerfristig gesehen mehr Schaden als Nutzen.
Klar ist der Gedanke unglaublich verlockend, endlich ein natürliches, wirksames Mittel gegen Zecken gefunden zu haben.
Quasi der einfache Weg aus dem Dilemma der Überlegung, ob man chemische Präparate mit all ihren Nebenwirkungen einsetzen soll oder das Risiko der Krankheitsübertragung durch Zecken eingeht. Vor allem, wenn bei Hunden andere natürliche Mittel zur Zeckenprophylaxe nicht den gewünschten Erfolg zeigen.
Aber, so schade das ist: Dafür ist Schwarzkümmelöl leider auch keine Alternative, denn dazu müsste man es täglich verwenden, in recht großen Mengen. Und dann wiederum überwiegt das Risiko von Schädigungen den Nutzen.
Genauso wenig ist Schwarzkümmelöl ein Öl, dass man täglich als Zusatz beim BARFen nutzen sollte.
Aber Schwarzkümmelöl generell zu verteufeln oder als zu kritisch anzusehen, um es zu nutzen, bedeutet, dass man die positiven Eigenschaften außer Acht lässt. Was genauso unsinnig wäre wie es unkritisch in den Himmel zu loben.
Für Anwendungsbereiche wie bei Allergien können die anti-entzündlichen Eigenschaften des Schwarzkümmelöls hervorragende Dienste leisten.
Klar ist dabei, dass man immer auf den Einzelfall bezogen entscheiden muss, ob die Zufütterung sinnvoll ist und in welchen Mengen. Im Zweifelsfall solltest Du eine(n) sachkundige(n) THP hinzu ziehen.
Genannte Studien:
(1) A. S. Ismaeil, Effect of Black Seed Alkaloids Against some Pathogenic Bacteria. 2011
(2) A. Jaswal, S. Shukla, Therapeutic efficacy of Nigella sativa Linn. seed extract against CCl4 induced hepatic injury in Wistar rats. 2015
(3) Vahdati-Mashhadian N., Rakhshandeh H, Omidi A., An investigation on LD50 and subacute hepatic toxicity of Nigella sativa seed extracts in mice. 2005
(4) Canayakin D, Bayir Y, Kilic Baygutalp N, Sezen Karaoglan E, Atmaca HT, Kocak Ozgeris FB, Keles MS, Halici Z. Paracetamol-induced nephrotoxicity and oxidative stress in rats: the protective role of Nigella sativa. 2016
(5) A M Alsamarai, M A Satar , A Alobaidi, Evaluation of Therapeutic Efficacy of Nigella sativa (Black Seed) for Treatment of Allergic Rhinitis. 2012
(6) Bashir MU, Qureshi HJ, Saleem T., Comparison of Anti-Infalammatory Activity of Nigella Sativa and Diclofenac Sodium in Albino Rats. 2015