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Wie natürlich muss ein Futter sein?

Wenn man sich mit Futter und insbesondere Fertigfutter auseinandersetzt, landet man ziemlich oft bei der Einschätzung, dass Dinge verarbeitet werden, die man selbst nicht unbedingt nutzen würde. Die nicht dem Bild von „natürlich“ entsprechen. Beispiel Fertigfutter: Es gibt wahnsinnig viele Zusatzstoffe. Wenn man sich die Listen mit den in der EU zugelassenen Zusatz-und Hilfsstoffe in Futtermitteln ansieht, kann man durchaus ins Staunen kommen.

Oft hat man damit ein schlechtes Gefühl. „Zusatzstoff“ klingt nun einmal wenig vertrauenserweckend. Man denkt sofort an die berüchtigten “E-Nummern” in Lebensmitteln. An Farbstoffe, die dafür sorgen, dass einem manche Kothaufen auf der Gassirunde schon von weitem in einem knalligen Orangerot entgegen leuchten. Oder an ellenlange Auflistungen seltsam klingender Inhaltsstoffe, die einen rätseln lassen, für was das eigentlich alles benötigt wird. Ein gutes, sauber zusammengestelltes Futter müsste doch ohne all das auskommen, oder?

Warum sind überhaupt Zusatzstoffe im Futter?

Zusatzstoffe erfüllen in einem Futter sehr unterschiedliche Zwecke. Technologische Zusatzstoffe sorgen beispielsweise unter anderem dafür, dass die Herstellung und Verarbeitung des Futters erleichtert wird. Da geht es beispielsweise um die Konsistenz. Denn wenn kein Bindemittel genutzt wird, kann es schwieriger sein, Nassfutter so gleichmäßig abzufüllen, dass in jeder Dose ungefähr gleiche Anteile feste und flüssige Futterbestandteile sind. Oder es z.B. darum, dass ein bestimmter PH-Wert im Futter erzielt wird, damit ein Gelier- oder Bindemittel seine jeweilige Wirkung optimal entfalten kann.

Und manchmal sind es auch ganz pragmatische Gründe oder unser Kaufverhalten. Denn wenn sich das enthaltene Fett nicht auf dem Boden einer Dose absetzen soll, braucht es eben die angesprochenen Binde- oder Geliermittel. Gleiches gilt für Flüssigkeit. Denn ja, es ist manchmal durchaus etwas nervig, wenn man eine Dose öffnet und einem die enthaltene Flüssigkeit direkt entgegen schwappt. Und am besten auf das Oberteil landet, das man vor 5 Minuten frisch angezogen hatte. (Immer!) 

Wenn man dadurch dann lieber im Regal zu einem anderen Futter greift und entsprechende Rückmeldungen beim Hersteller eingehen, kann es gut sein, dass Futter in Zukunft anders aussieht.

Und trotzdem gibt es ganz unterschiedliche Möglichkeiten, damit der Doseninhalt fester wird und homogener aussieht. Das kann man mit Cassia Gum erreichen oder mit Pektin. Man kann Stärke nutzen (z.B. in Form von Kartoffelflocken) oder Geliermittel wie Kollagen aus Haut oder Knorpeln. Also durchaus auch Hilfsstoffe, die einen natürlichen Ursprung haben.

Warum ist „natürlich“ so gefragt?

Das Problem: Nicht immer wird man das sofort über die Deklaration oder die Zusammensetzung eindeutig auf dem Etikett sehen, denn nicht jeder Zusatzstoff ist deklarierungspflichtig. Es ist also möglichn, dass man auf dem Etikett eine ganz wunderschön „natürliche“ Zusammensetzung sieht und trotzdem nicht-deklarierungspflichtige Zusatzstoffe in der Fütterung hat.

Und da sind wir schon beim leidigen Thema Deklaration. Der Gesetzgeber sieht vor, dass es bestimmte Richtlinien gibt für die Angaben, die auf dem Etikett eines Futtermittels zu finden sein müssen. Oder eben nicht.
Die ausgewiesenen Angaben haben leider nicht immer den Informationsgehalt, den man sich wünscht. Vieles liegt im Ermessen des Herstellers. Zudem gibt es beispielsweise ernährungsphysiologische oder technologische Zusatzstoffe, die gar nicht oder erst ab einer bestimmten Menge angegeben werden müssen.

Die Krux mit der Deklaration

Auch bei den Zutaten steht es dem Hersteller frei, ob er jeden Inhaltsstoff mit seinem genauen Gehalt angeben möchte oder nur die Produktgruppe (z.B. „Fleisch und tierische Nebenerzeugnisse“) den Weg aufs Etikett findet. Oder irgendwas dazwischen. Das sorgt oft für ein gewisses Misstrauen dem Hersteller gegenüber. Allerdings können die Gründe für so ein Vorgehen sehr unterschiedlich sein. Der Hersteller kann sich beispielsweise für diese Vorgehensweise entscheiden, weil er vermeiden möchte, dass seine Rezeptur ohne Probleme von Mitbewerbern übernommen wird. Genauso kann es sein, dass die Zusammensetzung des Futters so gruselig ist, dass eine offene Deklaration abschreckend wirken würde. 

Spätestens seit Ulrich Grimms „Katzen würden Mäuse kaufen“ ist bekannt, dass Hunde- und Katzenfutter unter Umständen sehr wenig mit dem zu tun hat, was man sich für die Fütterung wünscht. Was wiederum bedeutet, dass gar nicht so selten jede Menge Aromastoffe, farbgebende Zusatzstoffe, Geschmacksverstärker etc. eingesetzt werden, um wenig nährstoffreiche und / oder wenig appetitliche Zutaten für Hund oder Katze attraktiv zu machen. 

Das Resultat: Man versucht, sich eine gewisse Sicherheit zu verschaffen, indem man ein Futter kauft, dass keinerlei „Zusätze“ enthält. Das ist aber tatsächlich eine trügerische Sicherheit.

Ernährungsphysiologische Zusatzstoffe – Was ist das genau?

Trügerische Sicherheit deswegen, weil Zusatzstoffe oft auch dazu dienen, einen gewissen Nährstoffgehalt im Futter abzusichern. Durch die Art der Verarbeitung, wie etwa Erhitzung bei Fertigfutter, können Nährstoffe reduziert werden. Oder die Zutaten liefern gar nicht alle Nährstoffe in der benötigten Menge, so dass irgendwann Defizite entstehen könnten. Es geht also oft auch darum, einen Kompromiss zwischen “so natürlich wie möglich” und ausreichender Nährstoffversorgung zu finden. 

Das Problem mit der Nährstoffversorgung ist nicht immer so einfach einzuschätzen. Beim BARFen hat man normalerweise ein Grundgerüst für die Futterzusammensetzung, das dafür sorgt, dass wesentliche Nährstoffe auch tatsächlich in der Fütterung enthalten sind. Ein fest definierter Anteil Innereien, eine fest definierte Menge rohe fleischige Knochen, etc. Trotzdem sind auch hier Zusätze notwendig, beispielsweise Jod.

Beim Fertigfutter gibt es kein “Grundgerüst”. Jeder Hersteller ist mehr oder minder frei in der Entscheidung, was in einem Futter verwendet wird. Wenn ein Futter aber keine Innereien oder keine Knochen enthält, dann gilt letztendlich genau dasselbe, wie in der Rohfütterung. Es fehlen wichtige Nährstofflieferanten. Soll ein Futter ein Alleinfuttermittel sein, bleibt keine andere Option, als die fehlenden Nährstoffe anderweitig zu ergänzen. Auf dem Etikett sind das die ernährungsphysiologischen Zusatzstoffe. 

Bioverfügbarkeit, Herkunft etc.

Aber auch da gilt: Ein Zusatzstoff sollte immer individuell beurteilt werden. Zum einen in Bezug auf die enthaltene Menge, zum anderen im Hinblick auf den Stoff selbst sowie dessen Bioverfügbarkeit. Gegen ein Zinkoxid ist beispielsweise so erst einmal nicht viel einzuwenden. Aber es ist in einer Wundsalbe eigentlich besser aufgehoben als in einem Tierfuttermittel, weil es vom Körper nicht sonderlich gut verwertet werden kann. 

Auch die zugesetzten Mengen sollte man im Blick behalten: Vielfache Überdosierungen sind bei etlichen Nährstoffen genauso wenig hilfreich wie Unterdosierungen oder fehlende Nährstoffe.

Es gibt noch einen Faktor, bei dem man ohne vorherige gründliche Recherche kaum eine Möglichkeit der Beurteilung hat: Die Art und Weise, wie einzelne Stoffe hergestellt werden. Werden dafür gentechnisch veränderte Mikroorganismen genutzt, wie sehen Nährlösungen zur Anreicherung aus, welche Ausgangsstoffe werden für die Herstellung einer Trägerflüssigkeit verwendet, unter welchen Bedingungen wird ein Zusatzstoff produziert? Das Thema Zusatzstoffe ist definitiv komplex und die Unterteilung in “gut” oder “schlecht” wird dem nicht gerecht. 

Aber Fakt bleibt: Wenn dem Futter ohne ernährungsphysiologische Zusatzstoffe wichtige Nährstoffe fehlen, dann ist es zur dauerhaften Fütterung nicht geeignet. Gegen eine Fütterung dann und wann spricht natürlich nichts, aber solche Futter eignen sich nicht als Hauptnahrungsquelle.

Wie erkennt man, ob ein Futter ohne Zusatzstoffe bedarfsdeckend ist?

Einen groben Überblick kann man sich über die Zutaten verschaffen. Sofern sie genau aufgeführt sind, natürlich. Als erstes schaut man also, ob man in den Futterbestandteilen plausible Lieferanten für einzelne Nährstoffe findet und in welcher Menge sie im Futter enthalten sind. Findet man einen Leberanteil, dann ist Vitamin A und Vitamin D enthalten, ausserdem beispielsweise Vitamin B12 und Kupfer. Dann kommt es “nur” noch auf die Höhe des Leberanteils an, um die Bedarfsdeckung der einzelnen Nährstoffe einschätzen zu können. Sind Knochen verarbeitet, weiß man, dass auf jeden Fall Calcium in der Fütterung ist, genauso Magnesium.

Ob es ausreicht, um den Bedarf zu decken, hängt auch hier wieder von der Menge ab. Findet man in der Zutatenliste keinen Futterbestandteil, der Jod in nennenswerten Mengen enthält (beispielsweise Seealge), muss eine Jodquelle in den ernährungsphysiologischen Zusatzstoffen auftauchen. Ansonsten ist Jod nicht bedarfsdeckend zugeführt. Dadurch kann langfristig zu Problemen kommen, beispielsweise zu einer unzureichenden Schilddrüsenfunktion.

Die Orientierung an der Zutatenliste verschafft also einen ersten Eindruck. Für die genaue Bedarfsabdeckung muss man individuell rechnen. Findet man keine genauen Angaben zu einzelnen Futterbestandteilen, bleibt nur, den Hersteller direkt zu fragen. 

Natürlichkeit alleine macht keine gute Fütterung

Die Konzentration auf eine “rein natürliche” Fütterung bedeutet also leider nicht, dass es sich auch um eine passgenaue Fütterung mit allen notwendigen Nährstoffen handelt. Aber genauso sagt die Bezeichnung “Zusatzstoff” erst einmal nichts über die Qualität oder den Ursprung aus. 

Die Frage ist daher immer: Ist das Futter geeignet, den Nährstoffbedarf zu decken? Aber auch: Aus welchen Bestandteilen besteht das Futter eigentlich? Wenn man ein bißchen in die Tiefe geht, hat man eine sehr gute Ausgangsposition, um in Sachen Futter eine gute, individuelle Entscheidung für das eigene Tier zu treffen.

Man könnte noch viele solcher Beispiele anführen. Schulmedizin vs Naturheilkunde, natürlicher Parasitenschutz vs „Chemiekeule“, Impfen oder Nicht-Impfen. 

Oft sind es Themen, in die  man sich etwas einarbeiten muss oder sollte, wenn es um konkrete Entscheidungen geht. Denn natürlich kann man alles einfach gut oder schlecht finden. Natürlich kann man Schulmedizin genauso kritisch gegenüber stehen wie man Naturheilkunde als Humbug empfindet. Man kann mit Kräutern entwurmen oder mit synthetischen Wirkstoffen. Man hat viele Möglichkeiten. Nicht jede passt immer gleichermaßen gut für jedes Tier und jede Situation. Manchmal verändert sich eine Sicht auf etwas aufgrund von gemachten Erfahrungen oder dem Wissen, was man gesammelt hat. Es gehört dazu, dass man im Zusammenleben mit einem Tier immer wieder mal Themen neu durchdenkt oder neu bewertet.

Es ist auch nie etwas nur schwarz oder weiß. Und Entscheidungen für oder gegen etwas trifft man individuell, bezogen auf den Hund / die Katze sowie der Lebenssituation, und natürlich auch aufgrund der gemachten Erfahrungen. Aber stur festbeißen sollte man sich dabei nicht, sondern jedes Mal neu sortieren und bewerten, wenn eine (wesentliche) Entscheidung getroffen werden muss.

Ute Wadehn:
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