Eine Fütterung mit reinem Fleisch – das muss ja irrsinnig teuer sein. Kann ich mir das überhaupt leisten?
Die Frage, ob BARF / Rohfütterung auch finanziell umzusetzen ist, taucht früher oder später meist zwangsläufig auf, wenn man eine Umstellung vom Fertigfutter andenkt. Und ist zugleich eine der Fragen, die gerade Halter von grösseren Hunden oft zögern lässt oder sogar abschreckt.
Wenn man ohne grosse Vorkenntnisse mit dem Begriff BARF und der Umsetzung konfrontiert wird, hat man erst einmal ziemlich automatisch die Vorstellung im Kopf, dass es sich bei dem Fleisch, was gefüttert wird, ausschließlich um reines Muskelfleisch handelt.
Klar: Würde man dies so handhaben und das Fleisch dazu vielleicht ausschließlich beim Metzger der Wahl kaufen, sollte man spätestens bei einem 30kg + Hund tatsächlich ein gut gepolstertes Bankkonto haben. 🙂
Allerdings: Rohfütterung versteht sich keinesfalls als reine Muskelfleisch-Fütterung, sogar ganz im Gegenteil.
Würde man dauerhaft nur reines, fettarmes Muskelfleisch à la Gulasch, Hähnchenbrust & Co. füttern, wie man es vom menschlichen Verzehr gewohnt ist, wird es einem Hund irgendwann an Calcium, Fett, sowie Vitaminen & Mineralstoffen mangeln.
Eine ausgewogene Rohfütterung setzt sich daher im Normalfall aus verschiedenen Komponenten zusammen:
- Fleisch (durchaus auch Fleisch, was für den menschlichen Verzehr nicht weiter interessant ist, z.B. Kopffleisch)
- Innereien
- Pansen / Blättermagen
- rohe fleischige Knochen (Hälse / Keulen vom Geflügel, Rippen, Brustbein, etc.)
- evtl. Gemüse und / oder Obst
Diese Aufteilung schlägt sich auch auf die Kosten positiv nieder.
An einem konkreten Beispiel sieht das dann so aus:
Table of Contents
Spok, 30 Kilo, 3 Jahre, aktiver Hund
Gesamtration pro Tag ca. 800g
davon
600g fleischige Bestandteile inkl. rohe fleischige Knochen
200g Gemüse / Obst
Da jeder Tag fütterungstechnisch im Normalfall etwas anders aussieht, rechnen wir das Ganze am einfachsten für einen Monat hoch:
Muskelfleisch (Rind, Geflügel, Lamm) | Menge / Monat 8,5 kg | Kosten im Durchschnitt 5,- € / kg | Kosten gesamt 42,50 € |
Pansen / Blättermagen | Menge / Monat | Kosten im Durchschnitt 2,80 € /kg | Kosten gesamt 9,52 € |
Rohe fleischige Knochen (Hühnerhälse, Putenhälse, | Menge / Monat 2,5 kg | Kosten im Durchschnitt 3,80 € / kg | Kosten gesamt 9,50 € |
Innereien (Leber, Herz*) | Menge / Monat 2,6 kg | Kosten im Durchschnitt 4,90 / kg | Kosten gesamt 12,74 € |
Gemüse / Obst (saisonal) | Menge / Monat 4 kg | Kosten im Durchschnitt 1,90 € / kg | Kosten gesamt 7,60 € |
Fett (Pferdefett, Geflügelhautabschnitte) | Menge / Monat 1,5 kg | Kosten im Durchschnitt 2,- € / kg | Kosten gesamt 3,50 € |
85,36 € / Monat |
Anzumerken ist dabei Folgendes: Die Grundpreise für das Fleisch in dem angegebenen Beispiel sind Preise für hochwertiges Fleisch, aber nicht die allergünstigesten. Wenn man das möchte, geht es günstiger, ein paar Gedanken dazu findet ihr auch noch weiter unten.
Pansen, die Geflügelhautabschnitte und manche fleischige Knochen können außerdem auf dem Wochenmarkt oder bei Abholung direkt beim Bauern / Schlachthof zum Teil deutlich günstiger oder auch umsonst bezogen werden. Manchmal siegt aber einfach die Faulheit über das „selbst organisieren, abholen und klein schneiden“, deswegen ist der quasi teuerste Fall für die Berechnung zugrunde gelegt. Ab und an gibt es Fisch, der preislich ähnlich wie Muskelfleisch liegt und daher nicht separat aufgeführt wird.
Hinzu kommen Öle und nach Bedarf auch weitere Zusätze wie Kräutermischungen, Spirulina, etc., diese machen aber tatsächlich den kleinsten Posten in der monatlichen Kalkulation aus. Demnach: Zu vernachlässigen.
Da Rohfleisch-Fütterung von der Zusammensetzung und den Bestandteilen deutlich hochwertiger ist als die meisten industriellen Futtersorten, also ein deutlich besseres Preis-/Leistungsverhältnis aufweist, ist es eigentlich unsinnig, die Kosten mit denen für Trockenfütterung und Nassfutter im Monat zu vergleichen.
Da man als Umsteiger auf die Rohfütterung aber natürlich entweder Nass- oder Trockenfutter gibt, stellen wir den Vergleich zur besseren Orientierung doch an.
Stellvertretend für bestimmte Marken nehmen wir dafür einfach jeweils ein Discounter-bzw. Supermarktfutter, ein Standard-Futter aus dem Tierfachhandel und ein Futter, das in der Zusammensetzung tatsächlich mehr oder minder hochwertig ist.
Kosten bei Trockenfütterung für einen 30kg-Hund
Ausgangswert sind die Kosten für einen durchschnittlichen 12kg-Beutel
Zusammensetzung (Auszug, wirklich wichtig ist nur der Fleischanteil für den Vergleich) | Empfohlene Menge / Tag | Kosten / kg | Kosten gesamt / Monat | |
Discounterfutter | Getreide (Weizen, Mais, Gerste), Fleisch und tierische Nebenerzeugnisse (Geflügelmehl, Fleischmehl, Grieben, Hämoglobinmehl, Fleischhydrolysat), Öle und Fette, Pflanzliche Nebenerzeugnisse (Weizengrießkleie, Chicoreepulver), Fisch und Fischnebenerzeugnisse (Fischmehl), Hefen (Bierhefe, getrocknet), Gemüse (Erbsen), Mineralstoffe | 360 Gramm | 1,60 € | 19,25 € |
Markenfutter Tierfachhandel | Gemahlener Mais, Geflügelmehl (mind. 20% Huhn, Geflügel gesamt 30 %), Sojabohnenmehl, tierische Fette, Maiskleber, Proteinhydrolysat, Pflanzenöl, Natriumchlorid, Leinsamen, Kaliumcitrat, L-Lysinhydrochlorid, Calciumcarbonat, Taurin, L-Tryptophan, Vitamine, Spurenelemente | 415 Gramm | 4,50 € | 57,00 € |
Premiumfutter getreidefrei | Rentierfleisch, Süßkartoffel, Kürbis, Mineralstoffe, Pferdefett, Erbsenprotein, Tomatenmark … (Spinat, verschiedene Kräuter und Beeren, Oligosaccharide, Yucca-Schidigera-Extrakt | 400 Gramm | 5,50 € | 66,00 € |
Die sehr unterschiedliche Qualität schlägt sich natürlich auch im Preis nieder – Hauptbestandteil der ersten beiden Futtersorten ist günstiges Getreide und minderwertige Fleischerzeugnisse, dies mit dem Nährwert von Muskelfleisch, grünem Pansen etc. zu vergleichen ist – na, ihr wisst schon.
So, wie sieht jetzt der Vergleich mit Nassfutter aus?
Nassfutter ist zwar meistens deutlich teurer als Trockenfutter, erklärt sich aber schon alleine damit, dass der Anteil an Getreide bzw. alternativ Stärke geringer ist – Trockenfutter benötigt eben eine der beiden Komponenten zwangsläufig zur Formgebung der Kroketten.
Zusammensetzung (Auszug, wirklich wichtig ist nur der Fleischanteil für den Vergleich) | Empfohlene Menge / Tag | Kosten / kg | Kosten gesamt / Monat | |
Discounterfutter | Fleisch und tierische Nebenerzeugnisse 60 % (u.a. 40% frisches Fleisch, u.a. 30% Geflügel), Fisch und Fischnebenerzeugnisse (3%), Mineralstoffe, pflanzliche Nebenerzeugnisse, Zucker | 1400 Gramm | 2,26 € | 67,80 € |
Markenfutter Tierfachhandel | Rind, Pute (14%), Schwein, Mineralien, getrocknete Rübenschnitzel*, Hefe | 1600 Gramm | 4,52 € | 135,60 € |
Premiumfutter | Muskelfleisch vom Lamm, Lammherzen, Lammlunge, Karotten, Zucchini, Hirse, Staudensellerie, Apfel, Rapsöl, Trockenei, Dill , Basilikum, Seealgen, Bio-Eierschalenpulver, Blütenpollen. | 900g | 6,70 € | 180,00 € |
Tipps für weiteres Sparpotential:
- Bei Schlachthöfen in der Umgebung nachfragen.
Denn das, was für den menschlichen Verzehr nach der Schlachtung nicht in Frage kommt, wird in vielen Fällen einfach entsorgt. D.h., für kleines Geld, oft sogar umsonst, kann man nach vorheriger Anfrage / Absprache Fleisch / fleischige Knochen / Pansen und Blättermagen erhalten.
Im Hinterkopf haben sollte man dabei allerdings, dass die Zerlegung am Schlachthof meist nur grob erfolgt, d.h., man hat es vielleicht mit einem Blättermagen am Stück oder ganzen Köpfen / Unterbeinen mit Fell etc. zu tun, die man gegebenenfalls selbst weiter verarbeiten muss.
Und: Mittlerweile haben einige Schlachthöfe auch durchaus erkannt, dass BARFer eine attraktive Einnahmequelle sind. Nicht alle Schlachthöfe bieten allerdings einen Vor-Ort-Verkauf an, also in jedem Fall vorher informieren. - Gleiches gilt für (Bio-) Bauern bzw. Schlachthöfe, die Bio-Fleisch verarbeiten.
Hier ist die Auswahl zwar oft geringer, nachfragen lohnt sich aber auf alle Fälle. - Regelmäßig Pansen füttern. Grüner (!) Pansen wird von Hunden oft sehr gerne gefressen und ist obendrein günstig. In Zeiten, in denen das Portemonnaie nicht ganz so prall gefüllt ist, kann man sich durchaus zwischenzeitlich damit behelfen, den Pansen auf dem wöchentlichen Futterplan auf bis zu 30% aufzustocken, sofern der Hund es verträgt.
- Grössere Mengen abnehmen. Bei kleinen Hunden benötigt man oft kleine Fleischmengen am Tag. Da sich immer noch sehr hartnäckig das Gerücht hält, es schade dem Hund, wenn er aufgetautes und wieder eingefrorenes Fleisch fresse (notwendige hygienische Maßnahmen vorausgesetzt), kaufen Besitzer kleines und mittlerer Hunde bei Frostware oft kleine Pakete, die aber natürlich deutlich teurer sind. Durch den Kauf grösserer Pakete und Mengen lassen sich Kosten sparen.
Tiefgefrorenes Fleisch in grösseren Paketen, dessen Inhalt die benötigte Futtermenge für einen Tag übersteigt, kann man problemlos im Kühlschrank auftauen und über 2-3 Tage verfüttern. Eine andere Alternative für kleine oder sehr kleine Hunde ist es, Fleischmischungen selbst herzustellen, indem man mehrere Fleischpäckchen im Kühlschrank auftauen lässt, zusammen mischt, nach eigenem Bedarf portioniert und wieder einfriert. Was auch funktioniert: Gefrorenes Paket in einige Fingerbreit warmes Wasser stellen, bis das Fleisch angetaut ist, dann schneiden, Rest wieder einfrieren. - Auch bei Jägern hat man eine gute Chance, günstig an Wildfleisch zu kommen.
- Was man bei allem Spardrang nicht tun sollte: Fleisch aus ungesicherten Quellen kaufen.
Im Augenblick tauchen immer wieder Angebote für sehr günstiges Fleisch aus Osteuropa auf bzw. Fleisch, dessen Herkunft nicht oder nur schwammig benannt wird. Spätestens nach dem letzten „Pferdefleisch-Skandal“ sollte man bedenken, dass günstig nicht ohne Grund günstig ist, meistens zu Lasten der Haltungsbedingungen der Tiere, Stichwort Massentierhaltung und lange Transportwege zum Schlachthof. Zudem ist meist weder die Herkunft genau nachvollziehbar, noch, ob (und wenn ja welche) veterinärmedizinischen Kontrollen des Fleisches stattgefunden haben.
Fazit:
Steigt man von sehr günstigen Trockenfutter-Marken auf BARF um, sind die Kosten für die Fütterung im Monat höher, sieht man tatsächlich nur den rein finanziellen Aspekt. Was man hierbei unbedingt im Hinterkopf haben sollte und in die Überlegungen zur Ernährung mit einfließen lassen sollte: Hauptbestandteil dieser Futtersorten ist Getreide oder stärkehaltige Komponenten wie Bananen, Kartoffeln oder Hülsenfrüchte, die günstig sind, aber in hohen Mengen für Carnivoren kaum geeignet.
Und auch das Preis-/Leistungsverhältnis sollte man sich ins Gedächtnis rufen, sind die Inhaltsstoffe eigentlich ihr Geld wert?
[bctt tweet=“Eine nicht-artgerechte, also nicht-fleischbasierte Ernährung für Carnivoren kann mittel-und langfristig zu gesundheitlichen Problemen führen. “ username=“BarfGut“]
Eine nicht-artgerechte, also nicht-fleischbasierte Ernährung kann mittel-und langfristig zu gesundheitlichen Problemen führen.
Genauso wie bestimmte künstliche Zusatzstoffe oder Konservierungsmittel.
Als Beispiel: Allergien und Futtermittel-Unverträglichkeiten haben in den letzten Jahren stark zu genommen, und die Behandlung ist oft sehr Zeit-und Kostenintensiv. Die Weisheit, dass ein gutes Futter manches an Tierarzt-Kosten sparen kann, ist nicht ganz aus der Luft gegriffen. 😉
Beim Nassfutter sieht es schon wieder anders aus, im Normalfall ist hier BARF günstiger bei mindestens gleicher Qualität.
Eigentlich landet man spätestens an dieser Stelle bei der Menge an Vorteilen, die die Rohfütterung hat, aber das würde dann ein glühendes Plädoyer werden und locker einen weiteren Artikel füllen.
Deswegen nur soviel: Gute, artgerechte Ernährung kann extrem viel bewirken. Und sei es nur, dass ein schlechter Fresser auf einmal ohne Probleme seinen Napf leer macht und man sich selbst darüber freut wie ein Schneekönig. 🙂
Und jetzt: Ausprobieren!