Sind selbstgemachte BARF-Rationen immer das Non-Plus-Ultra und Fertig-BARF immer die schlechtere Alternative? Vor ein paar Jahren hätte man das noch uneingeschränkt mit „Ja“ beantworten können. Vieles, was man als „Fertig-BARF“ kaufen konnte, waren wahllos zusammen gewürfelte Fleisch-Mischungen. Eher Reste-Verwertung als zur sinnvollen Fütterung geeignet.
Aber die Zeiten ändern sich. Fertige BARF-Menüs (oder sagen wir: Menüs mit rohem Fleisch) gibt es mehr denn je, in allen Variationen. Allergiker-freundlich, purinarm, für Hunde, für Katzen, für Welpen: Alles dabei.
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Warum ist Fertig-BARF so beliebt?
Wenn es viele Anbieter und viel Auswahl gibt, heißt das normalerweise: Die Nachfrage dafür ist vorhanden. Und das hat natürlich gute Gründe. Denn Fertig-BARF verspricht etwas, was wir alle schätzen: Einfachheit und Zeitersparnis. Und eine vermeintliche Sicherheit. Kein Zeitaufwand, kein Gemüse, Fleisch oder gar Innereien schnippseln, denn die Menüs kommen fertig zusammen gestellt vom Hersteller. Kein Grübeln, welche Zutaten wann in welchen Mengen mit welchen Zusätzen – übernimmt alles der Hersteller. Nur die Futtermenge muss man noch selbst festlegen. Jackpot.
Für viele ist es auch ein einfacher Einstieg in das Thema Rohfütterung. Denn BARF hat leider nach wie vor den Ruf „irgendwie kompliziert“ zu sein, mit einem hohen Risiko, fatale Fehler zu begehen, die den Hund oder die Katze schlimm schädigen können. Also geht man auf Nummer Sicher: Man hat mit Fertig-BARF die Möglichkeit, roh zu füttern, aber kann gleichzeitig sicher sein, dass die Zusammensetzung passt. Und damit natürlich auch die Nährstoffabdeckung.
Ganz so einfach ist es auch bei Fertig-BARF nicht.
Bei fast allem, was zunächst erst einmal sehr einfach erscheint, lohnt es sich, an der Oberfläche zu kratzen. Das ist bei Fertig-BARF nicht anders. Der wichtigste Grund: Fertig-BARF ist kein gesetzlich oder sonstwie fest definierter Begriff. Man kann jede beliebige Fleisch-Mischung Fertig-BARF nennen, die müsste nicht mal roh sein. Im Gegensatz zu Begrifflichkeiten wie Alleinfuttermittel, Mineralfuttermittel oder Ergänzungsfuttermittel taucht „BARF“ als Definition nicht in der Futtermittelverordnung auf. Es hat also keinerlei Konsequenzen, wenn etwas mit BARF außer dem Namen nichts zu tun hat, solange die sonstigen vorgeschriebenen Anforderungen erfüllt werden. Auch deswegen gibt es vermutlich Fleischdosen, die das „BARF“ (= biologisch artgerechte ROH-Fütterung) im Namen tragen, aber selbstverständlich wie jedes Dosenfutter gegart sind.
Es gibt keine Standardisierung. Wobei: Eigentlich schon. Denn wenn man weiß, dass sich BARF ein festes Konzept verbirgt, dann ist eigentlich auch klar, wie ein Fertig-BARF-Menü aussehen sollte. Da ist es auch mehr als schwer, das Rad neu zu erfinden.
An dieser Stelle fangen die Probleme aber schon an. Denn wenn man gerade in das Thema Rohfütterung für Hund oder Katze neu einsteigt und noch keine oder nicht so viele Vorkenntnisse hat, dann ist es schwer zu erkennen, welche Fertig-BARF-Menüs sich tatsächlich am ursprünglichen BARF-Konzept orientieren und welche das „BARF“ eher aus Marketing-Gründen im Namen tragen.
Wie erkennt man also ein gutes BARF-Menü?
Wie sinnvoll Fertig-BARF zusammen gestellt ist, erkennt man daher leider nur, wenn man vom BARFen zumindest eine Grundidee hat. Grundidee heißt im Detail: Dass man ungefähr weiß, welche Futterkomponenten typischerweise in eine BARF-Ration gehören und warum überhaupt sie darin sind. Dann kann man nämlich auch relativ simpel feststellen, ob wirklich alles Wesentliche im favorisierten BARF-Menü drin ist, was zur Nährstoffversorgung wichtig ist. Oder ob es eine hohe Wahrscheinlichkeit für Durchfall gibt, weil das Menü eigentlich nur aus Innereien und Bindegewebe besteht.
Dinge, auf die Du daher achten solltest:
- Enthält das BARF-Menü Muskelfleisch, Innereien und Knochen? Entsprechen die Mengen denen der klassischen BARF-Aufteilung? (Bei Katzen: Entspricht die Aufteilung dem Frankenprey-Modell?)
- Wenn keine Knochen enthalten sind: Gibt es einen Calcium-Zusatz wie Fleischknochenmehl oder Eierschalenmehl? Wenn weder Knochen noch ein anderer Calciumzusatz enthalten ist, fehlt der Fütterung Calcium.
- Gibt es eine Ballaststoffquelle? Bei Hunden ist das normalerweise Gemüse / Obst, bei Katzen Gemüse oder Flohsamenschalen.
- Ist eine Jodquelle wie Seealgenmehl enthalten? Wenn nicht, musst Du Jod zwingend selbst ergänzen, in Form von Seealgenmehl oder Jodtropfen.
- Gibt es eine Vitamin-D-Quelle im Menü? Das könnte zum Beispiel Lachs, Forelle oder Dorschlebertran sein. Wenn nicht, musst Du Vitamin D3 mit diesen Quellen selbst in die Fütterung einbauen.
Selbstverständlich kann man noch alles Notwendige ergänzen, was einem Menü fehlt. Aber die Beschreibung „Fertig“ oder „Komplett“ im Zusammenhang mit solchen Produkten suggeriert natürlich, dass man eigentlich nichts weiter tun muss außer das Futter in den Napf zu geben und dann alles Notwendige enthalten ist. Erfahrungsgemäß ist das leider nicht immer der Fall. Der Blick aufs Etikett ist daher bei Fertig-BARF genauso notwendig und sinnvoll wie bei Fertigfutter. Denn „Fertig“ bedeutet auch immer: Man legt die Verantwortung in andere Hände und es ist sehr unterschiedlich, wie mit dieser Verantwortung umgegangen wird.
Bequemlichkeit hat immer einen Preis
Was bequem ist, kostet. Zwar weniger Zeit bei der Zubereitung, aber komplett BARF-Menüs sind meistens etwas teurer, als wenn man die Ration selbst zusammen stellen würde. Je nachdem, wie man es sieht, könnte man auch sagen, dass man auch an anderer Stelle einen Preis zahlt: Man hat sehr viel weniger Möglichkeiten, die Fütterung abzuändern und natürlich auch weniger Kontrolle, was die einzelnen Futterbestandteile angeht.
Bei einem Hund oder einer Katze mit Erkrankungen, mit Allergien und Unverträglichkeiten, in der Trächtigkeit oder während der Laktation, bei der Notwendigkeit einer Ausschlussdiät oder purinarmer Fütterung sind Fertig-BARF-Menüs entweder nicht geeignet oder man muss unter Umständen sehr lange suchen oder mit Kompromissen leben können. Aber viele Erkrankungen sind kompromisslos, was die Fütterung angeht. Es braucht dann eine Fütterung, die die diätetischen Richtlinien zum Krankheitsbild berücksichtigt und die individuellen Bedürfnisse des Hundes oder der Katze mit einbezieht. Denn Krankheiten verlaufen nie gleich. Ausprägung, Symptome und Blutwerte sind auch bei gleicher Grunderkrankung unter Umständen unterschiedlich und müssen in der Fütterung jeweils individuell berücksichtigt werden.
Und was ist mit Abwechslung?
Abwechslung in der Fütterung ist mit BARF-Menüs schwieriger umzusetzen als wenn man BARF-Rationen selbst gestaltet. Was drin ist, ist drin. Auf der anderen Seite ist Abwechslung auch nicht alles entscheidend. Denn die Abwechslung bei BARFen soll in erster Linie dafür sorgen, dass Hund oder Katze auch eine gewisse Varianz und damit Grundabdeckung in den Nährstoffen hat. Deswegen wechselt man weichere und härtere Knochen ab oder nutzt unterschiedliche Innereien. Wo es eigentlich überhaupt keine Abwechslung braucht, ist der Gemüse-/ Obst-/ Ballaststoffanteil. Theoretisch jedenfalls. Mit zu viel Abwechslung macht man sich aber eher das Leben schwer, vor allem, wenn es irgendwann einmal zum Verdacht auf Allergie oder Unverträglichkeit kommen sollte und man eine Ausschlussdiät durchführen muss. Mehr als maximal drei gut verfügbare Tierarten muss man bei einem gesunden Hund / einer gesunden Katze nicht verfüttern. Das gilt auch für Fertigmenüs.
Wann sind Fertig-BARF-Menüs eine gute Wahl?
Eigentlich ganz einfach:
- wenn Du Fertig-BARF als kurzzeitige Option oder als Ergänzung zu Deiner sonstigen BARF-Fütterung nutzt – beispielsweise, wenn Du im Urlaub bist, vergessen hast, Fleisch einzukaufen oder einfach knapp an Zeit bist
- wenn die gefütterten BARF-Menüs nach dem BARF-Konzept aufgebaut sind und somit alle wichtigen Futterbestandteile zur Nährstoffabdeckung enthalten
- wenn Du anfängst zu barfen und einen Einstieg suchst, Dich aber trotzdem mit den Grundprinzipien von BARF auseinander gesetzt hast oder das in nächster Zeit sicher tun wirst
- wenn Du BARF-Menüs, in denen essentielle Nährstofflieferanten von beispielsweise Calcium / Vitamin D / Jod etc. fehlen, selbst passgenau substituierst
Die Vor-und Nachteile von Fertig-BARF
Es geht also zum einen immer um die sinnvolle Zusammenstellung von BARF-Menüs, aber auf der anderen Seite immer auch um die Art, wie man sie nutzt. Wenn man sie als soliden Weg sieht, um eine „bestmögliche“ Fütterung zu erzielen, ohne sich mit Fütterung beschäftigen zu müssen – lieber Finger weg. Denn „bestmöglich“ heißt immer auch, dass man weiß, was man da in seinen Hund oder seine Katze hinein füttert. Das ist ansonsten in etwa so, als würde man Auto fahren, ohne Verkehrszeichen zu kennen. Ein bisschen was macht man intuitiv richtig, ein bisschen was schaut man sich ab. Aber an irgendeiner Stelle wird es früher oder später krachen.
Natürlich ist es absolut legitim, sich das Leben leichter zu machen, wenn es einmal notwendig ist. Solange es zum Tier passt – das ist ein wichtiger Punkt.
Wenn man kein passendes Fertig-BARF-Menü findet, bedeutet das nicht unbedingt, dass alles komplizierter ist. An solchen Stellen kann man sich selbst gut noch einmal hinterfragen. Warum erscheint einem Fertig-BARF der bessere Weg? Fühlt man sich unsicher? Dann ist mehr Wissen der Schlüssel. Geht es um Schnelligkeit? Dann kann man überlegen, an welchen Stellen man Abläufe vereinfachen kann. Indem man einen Futterplan hat, sich feste Routinen baut, vorportioniert, sich im Kalender notiert, wann die nächste Fleischbestellung voraussichtlich nötig ist, etc.
Besonders, wenn man vom Fertigfutter umstellen möchte, sollte man sich eines noch einmal klar machen: BARF ist nicht automatisch die bessere Fütterung. Dein Hund oder Deine Katze profitiert langfristig nur dann davon, wenn die Zusammensetzung passt. Deswegen ist Fertig-BARF auch nicht zwingend besser als Fertigfutter. Streng genommen ist es eine andere Form von Fertigfutter, nämlich roh statt gegart. Beurteilen muss man die Qualität der Fütterung trotzdem selbst. Und immer dann, wenn man eine sehr spezielle Fütterung benötigt, ist es meistens einfacher, sie von A-Z selbst zu gestalten.
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