Kennt ihr das, wie schnell man unruhig wird, wenn es um das eigene Tier geht?
Vor allem, wenn plötzlich das Schreckgespenst CNI bei Katzen plötzlich durch den Raum flattert?
Der Anlass für diesen Artikel ist ein ganz persönlicher: Unser Katertier hatte vor einigen Wochen eine sehr unerfreuliche Blasenentzündung. Die hatte er schon mal 3 Jahre zuvor, damals hatten wir das Ganze ziemlich schnell und gut in den Griff bekommen.
Das Katertier zählt leider zu den Risikokandidaten für Harnwegsprobleme (Kater, leichtes Übergewicht, Wohnungskatze) und ist zum anderen leider extremst penibel mit seiner Katzentoilette. Sprich, wenn der Zustand nicht komplett unbenutzt ist, hält er den Urin lieber ein anstatt auf die Toilette zu gehen.
Und zwar bis es wirklich nicht mehr anders geht – nur ist bis dahin der Urin gegebenenfalls schon ziemlich konzentriert. Beste Bedingungen für Infekte und Kristallbildung.
Vor vier Wochen war das arme Katertier in jedem Fall über Nacht wieder ein Häufchen Elend und setzte nur noch tröpfchenweise und unter ziemlichen Schmerzen Urin ab. Beim Tierarzt wurde erstmal nach dem Notfall-Programm behandelt.
So weit, so gut – jedenfalls sah es erst einmal so aus. Bis dann zwei Wochen später das Drama von vorne los ging. Dieses Mal dann auch ganz klar mit Blut im Urin, was höchstwahrscheinlich Kristallbildung bedeutete. Also wieder mit Kater und Urinprobe zum Tierarzt, wo sich glücklicherweise herausstellte, dass „nur“ Struvit-Kristalle im Urin waren und sich noch keine Steine gebildet hatten.
Aber – leicht vergrösserte Nieren. Das ist bei Harnwegserkrankungen zwar kein besonders erstaunlicher Befund, aber das Katertier ist fast 11. Da wird man beim Stichwort Nieren doch schnell hellhörig – und beunruhigt.
Inhaltsverzeichnis
Nieren – die Schwachstellen bei Katzen
Nierenerkrankungen treten bei Katzen sehr häufig auf. Hat man in der Vergangenheit das Krankheitsbild hauptsächlich älteren Katzen zugeordnet, tritt die chronische Niereninsuffizienz (CNI) auch bei Katzen jüngeren / mittleren Alters auf und gehört zu den häufigsten Todesursachen bei Katzen.
Warum Katzen anfällig für Harnwegs- und Nierenerkrankungen sind, liegt in der Physiologie und Entwicklung der Katze begründet: Katzen sind als ehemalige Wüstentiere darauf spezialisiert, die benötigte Feuchtigkeit nicht durch zusätzliches Trinken von Wasser, sondern fast ausschließlich über die Nahrung, also die Beutetiere (ca. 75% Feuchtigkeitsanteil ) zu sich zu nehmen.
Wie gut Trockenfutter mit einem Feuchtigkeitsanteil von etwa 6-9% für Katzen geeignet ist, kann man sich also in etwa denken.
Und nein, Katzen trinken NIE soviel zusätzlich, als dass sie das durch Trockenfutter entstandene Feuchtigkeitsdefizit kompensieren könnten.
Wirklich niemals, niemals, nie. 😉
Harnwegserkrankungen und BARF
Harnwegserkrankungen werden bei Katzen oft unter dem Begriff FLUDT (Feline Lower Urinary Trakt Disease) zusammen gefasst. Dazu gehören sowohl die durch Bakterien ausgelöste Blasenentzündung (Cystitis) als auch davon unabhängig gebildete Struvit- oder Calciumoxalatsteine.
Zunächst bilden sich Kristalle. Und zwar durch eine Übersättigung des Urins mit Mineralstoffen, sprich: entweder enthält das Futter einen zu hohen Mineralstoffanteil und / oder es wird zu wenig Flüssigkeit im Verhältnis zu den Mineralstoffen aufgenommen.
Klassisches Beispiel: Die Fütterung mit Trockenfutter – ein konzentrierter Mineralstoffanteil, der durch den extrem niedrigen Feuchtigkeitsgehalt des Futters auch durch zusätzliches Trinken der Katze recht hoch bleibt.
Wenn die Kristalle dann weiter „wachsen“, in dem sie aneinander auflagern, entstehen Harnsteine.
Der Urin bei einem Carnivoren liegt bei fleischbasierter Fütterung auf natürliche Art und Weise im leicht sauren Milieu mit einem PH-Wert von um die 6,2 – 6,5. Je nach Fütterung können PH-Werte zwischen 5-7 bei Katzen normal sein.
Aber wenn der PH-Wert sich in Richtung alkalisch verschiebt, wird die Entstehung von Struvit-Kristallen / Harnsteinen begünstigt.
Struvitsteine können durch Harnansäuerung wieder aufgelöst werden, das ist die gute Nachricht.
Bei Oxalatsteinen ist es anderes herum: Sie entstehen, wenn der Urin dauerhaft zu sauer ist, nämlich unterhalb eines PH-Werts von etwa 5,5 liegt.
Das ist oft dann der Fall, wenn Katzen ein zusätzlich angesäuertes und Magenesium-reduziertes Futter bekommen. So, wie es bei vielen TroFus der Standard ist. Oder wenn ein Diätfuttermittel zur Auflösung von Struvitsteinen prophylaktisch auch nach der Auflösung dauerhaft weiter gefüttert wird.
Calciumoxalatsteine haben die Tücke, dass man sie nicht einfach auflösen kann. Zur Entfernung ist ein grösserer Eingriff notwendig, je nach Grösse kann das eine Blasenspülung oder eine chirurgische Entfernung bedeuten.
Die Frage, die sich mir natürlich gestellt hat: Kann das sein?
Kann bei einem Kater, der tatsächlich ausschließlich und ohne den allerkleinsten Getreide- und nur mit einem kleinen Knochenanteil gebarft wird, der kaum künstliche Mineralstoffe erhält, der keine grösseren Mengen Magnesium aufnimmt – kann in so einem Fall die Kristallbildung mit der Fütterung zusammen hängen?
Nachdem ich die Fütterung noch und nöcher durchgegangen bin und gefühlte 3 Millionen Mal nachgerechnet habe – die Werte passen. Bei den beiden anderen kätzischen Mitbewohnern, die quasi identisch gefüttert werden, besteht das Problem nicht.
Insofern sehe ich die Gründe tatsächlich eher in einer eventuellen Disposition und eben auch dem besonders hohen Reinlichkeitsempfinden des Dicken.
Trotzdem: Die bei ihm festgestellten Kristalle mussten jetzt natürlich erst einmal aufgelöst werden.
Harnansäuerung
Um Struvitkristalle oder Struvitsteine aufzulösen, muss man erreichen, dass der PH-Wert kontinuierlich unterhalb von 6,5 liegt (empfohlen werden Werte von 6,2 – 6,4). Die Strategie ist also, den Harn anzusäuern.
Füttert man roh, gibt es dazu unterschiedliche Methoden:
- medikamentös
- natürliche Harnansäuerung
Medikamentöse Harnansäuerung
Für die medikamentöse Ansäuerung des Urins wird normalerweise (DL-) Methionin, eine Aminosäure, genutzt. In Form von diätischen Ergänzungsfuttermitteln wie Guardacid-Tabletten oder der Paste Vétoquinol Care – Blase (früher Uro-Pet) wird das (DL-) Methionin zugefüttert.
Dosiert wird nach Kilo Körpergewicht und – ganz wichtig- der PH-Gehalt des Harns muss während der Dauer der Verabreichung kontinuierlich kontrolliert werden!
Dazu nutzt Du einfache PH-Teststreifen (z.B. Uralyt Indikatorpapier), die es in jeder Apotheke gibt.
Medikamente oder diätische Futtermittel enthalten teilweise auch noch Ammoniumchlorid oder Calciumchlorid zur Harnansäuerung, (DL-)Methionin hat sich jedoch als am zuverlässigsten und am besten zu handhaben bewährt.
Das war auch mein Weg der Wahl, in dem Fall Guardacid.
Das hat den Nachteil, dass bei einem recht schweren Kater relativ viele Tabletten verabreicht werden müssen. Der Vorteil wiederum: Die Tabletten werden problemlos gefressen.
Es gibt noch andere Mittel zur Harnansäurung, z.B. Calciumchlorid (1) oder Ammoniumchlorid, die allerding schwieriger zu händeln sind.
Natürliche Harnansäuerung
Hier setzt man darauf, den PH-Wert mit natürlichen Futterkomponenten wieder in den leicht sauren Bereich zu bringen.
Einige Ergänzungen werden immer wieder genannt:
- Hagebuttenschalen (natürliches Vitamin C)
- Acerolapulver (natürliches Vitamin C)
- Ascorbinsäure (synthetisches Vitamin C)
- Calciumcitrat
Vitamin C
Zur Eignung von Vitamin C zur Harnansäuerung bei Katzen ist es schwer, gesicherte Studienergebnisse zu finden. Es gibt Hinweise und einzelne Erfahrungsberichte, dass Vitamin C aus natürlichen Quellen eine Senkung des PH-Wertes bewirken kann.
Vitamin C spielt jedoch bei der Bildung von Calicumoxalatsteinen eine Rolle. Und hierbei wiederum ist gesichert, dass ein Zuviel an Vitamin C die Bildung von Oxalatsteinen begünstigen kann.
Bei Katzen sollte man also in diesem Punkt mit sehr viel Fingerspitzengefühl vorgehen und nur mit durchgängig begleitender PH-Wert-Kontrolle und gfflls in Absprache mit dem behandelnden Tierarzt oder einem sachkundigen THP Vitamin C zur Auflösung von Struvit-Kristallen oder Struvitsteinen zufüttern. Außerdem musst Du im Hinterkopf behalten, dass bei Naturprodukten der Gehalt der Inhaltsstoffe wie etwa in diesem Fall Vitamin C, schwanken kann.
Calciumcitrat
Calciumcitrat säuert den Urin nicht an.
Evtl. ist dieses Mißverständnis aus der Tatsache entstanden, das Calciumcitrat als ein Salz der Zitronensäure leicht säuerlich riecht bzw. schmeckt. Calciumcitrat wird jedoch im Gegenteil dazu verwendet, den PH-Wert des Urins zu erhöhen, was bei Struvitkristallen oder -steinen kontraproduktiv wäre.
Wie barfe ich Katzen mit Struvit- oder Oxalatsteinen?
Hierzu muss man wirklich wissen, ob es sich um Struvit- oder Oxalatsteine bzw- kristalle handelt.
Bei Struvitkristallen – /steinen sollte man zwei Dinge parallel angehen:
- Harnansäuerung zur Auflösung der Steine bzw. Kristalle
- Prophylaxe
Welches Mittel man zur Harnansäuerung wählt, muss man vom Einzelfall abhängig machen. Ich muss ganz ehrlich sagen: Bei akuten Beschwerden würde ich eher auf einen erprobten Stoff wie (DL-) Methionin zurück greifen.
Das Auflösen mit Vitamin C kann länger benötigen, da man sich evtl. erst an die benötigte Dosierung durch trial and error heran tasten muss, d.h., es kann zu Schwankungen im PH-Wert kommen.
(DL-) Methionin sollte man jedoch nicht einfach abrupt absetzen, sondern die Dosierung ganz langsam heruntersetzen.
Bei Calciumoxalatsteinen kann die Fütterung nur im Hinblick auf die grundsätzliche Zusammenstellung angepasst bzw. optimiert werden, da die Steine sich nicht durch eine veränderte Fütterung auflösen lassen. Das heisst, man schaut sich die bisherige Fütterung im Hinblick darauf genauer an, was zur Entstehung der Oxalate beigetragen haben kann.
Prophylaxe
Fleischfütterung
Die beste Prophylaxe betriebst Du bereits, wenn Du barfst – und Deine Fütterung ausgewogen zusammen gestellt ist. Fleisch ist ein natürlicher Lieferant von Methionin und Cystein. Diese Aminosäuren sorgen bei Carnivoren unter anderem dafür, dass der PH-Wert im idealen leicht sauren Milieu bleibt.
Je höher also der Fleischanteil in Verbindung mit einem ausreichenden Fettanteil in der Fütterung, desto besser als Prophylaxe.
Flüssigkeitsaufnahme
Bei Katzen ein heikles Thema, weil sie kaum zusätzlich trinken – und damit umso wichtiger.
Fütterst Du roh, musst Du berücksichtigen, dass auch hier noch zusätzlich Feuchtigkeit ergänzt werden muss, weil Fleisch / Innereien im Normalfall ausgeblutet gefüttert werden. Sie enthalten damit also weniger Feuchtigkeit, als das bei einem selbst gefangenen Beutetier der Fall wäre.
Getreidearm füttern
Ein übermäßiger Anteil von Getreide und pflanzlichen Bestandteilen in der Nahrung sorgt dafür, dass der PH-Wert des Urins ins alkalische Milieu abdriftet. Tiere, die sich von Natur aus rein pflanzlich ernähren, haben auch einen natürlich alkalischen Urin mit PH-Werten von 8-9.
Das ist auch der Grund, warum sehr getreidehaltige Futtermittel meistens per se mit einem harnansäuernden Stoff wie (DL-) Methionin oder Ammoniumchlorid versehen sind. Anderenfalls hätten Katzen bei reiner TroFu-Fütterung noch viel schneller Struvit-Steine – der Zusammenhang zwischen reiner TroFu-Fütterung und einem erhöhten Vorkommen von Harnsteinen ist mittlerweile wissenschaftlich gut belegt.
Katzen brauchen keine Kohlenhydrate für die Energiegewinnung – verzichte daher am besten komplett auf Getreide in der Fütterung, wenn Du einen Risiko-Kandidaten zu Hause hast.
Bewegung!
Übergewicht ist ein Risikofaktor für Harnsteine und bei Hauskatzen aufgrund der eingeschränkten Bewegung ein häufiges Problem . So auch z.B. bei unserem Katertier – der leider auch nicht wirklich gerne spielt. Trotzdem sollte man versuchen, das Übergewicht ganz behutsam zu reduzieren, z.B. durch etwas weniger Futter und mehr Animation zu Bewegung.
Beim unserem Dicken klappt das z.B. mit Reifbändern ganz gut, diese dicken Plastikbänder, mit denen Pakete umreift werden. (Achtung, die können scharfkantig sein, bitte vorher kontrollieren, um Verletzungen zu vermeiden!)
Auch wenn Du eine etwas träge Katze hast – irgendetwas gibt es, womit Du sie zu mehr Bewegung animieren kannst. Das solltest Du regelmäßig in den Tagesablauf einbauen.
CNI und BARF
Chronische Niereninsuffizienzen stehen nicht zwangsläufig in Verbindung mit Harmwegserkrankungen. Aber auch die Nieren gehören zum Urogenitaltrakt, d.h., Probleme, die aus Harnwegserkrankungen resultieren, können die Nieren in Mitleidenschaft ziehen.
Beispiel Nierensteine: Diese sind nichts anderes als Calciumoxalatsteine in der Niere. Sie können an der Entstehung einer chronischen Niereninsuffizienz beteiligt sein – genauso wie häufige Entzündungen in den ableitenden Harnwegen. Es gibt allerdings etliche andere Faktoren, die die Entstehung einer CNI begünstigen können.
Dazu gehören:
- dauerhaft verminderte Flüssigkeitsaufnahme (weswegen Trockenfutter im Verdacht steht, eine CNI zu begünstigen)
- Tumore
- genetische Disposition
- dauerhafte Medikation, z.B. Schmerzmittel
- Vergiftungen
- Alter
- Bluthochdruck (hier sind die Zusammenhänge noch nicht klar erforscht, aber auch dabei stellt sich die Frage, ob z.B. ein zuviel an Natrium in Fertigfuttermitteln eine Rolle spielen kann)
Eine chronische Niereninsuffizienz sind deswegen tückisch, weil sie langsam voran schleicht und die Symptome erst sichtbar werden, wenn die Funktion der Nieren schon weit eingeschränkt ist.
Sie ist nicht heilbar, weil einmal geschädigtes Nierengewebe nicht im Stande ist, sich zu regenerieren. Man kann nur versuchen, ein Fortschreiten so gut wie möglich aufzuhalten.
Das Thema CNI bei Katzen ist extrem komplex und der Krankheitsverlauf immer individuell.
Hinzu kommt, dass es trotz des gehäuften Vorkommens weniger (unabhängige) wissenschaftliche Studien zur Fütterung von Katzen mit CNI als zu Hunden gibt. Trotzdem gibt es übereinstimmende Merkmale für Nierendiäten, die man auch und gerade bei der Rohfütterung sehr gut umsetzen kann.
Man kann sehr viel zur CNI schreiben, mir geht es an dieser Stelle einzig um den Aspekt, Dir einen kurzen Überblick zu verschaffen, wie Du BARF bzw. die Fütterung Deiner Katze im Sinne einer nierenschonenden Ernährung umsetzen kannst.
Phosphor
Die Phosphorreduktion ist eine der wichtigsten Maßnahmen, um eine Entlastung der Nieren zu bewirken und das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen. Bei der Rohfütterung vermeidet man also alles, was neben dem Fleisch als hochwertige Proteinquelle zusätzlich Phosphor ins Futter bringt.
Nicht gefüttert werden sollten z.B.:
- Knochen
- Knochenmehl
- Dicalciumphosphat
- Vitamin- und Komplettepräparate, in den Phosphor enthalten ist
In welchem Maß eine Phosphor-Reduktion notwendig ist, hängt vor allem von den Blutwerten ab und dem Stadium der CNI.
Phosporbinder
Erwähnt werden müssen auch noch Phosphor-Binder, die oft zu Beginn einer Niereninsuffizienz empfohlen werden. Diese Zusätze werden mit gefüttert und verringern so einen Großteil der Phosphor-Aufnahme. Dabei wird als Vorteil angeführt, dass das Futter zunächst nicht angepasst werden muss.
Das ist aber eher ein Argument für diejenigen, die konventionelles Katzenfutter füttern – die Umstellung von Katzen auf eine andere Futtersorte kann recht langwierig sein.
Nierendiätfutter wird von den allermeisten Katzen sehr ungern gefressen, wenn dazu noch der CNI-typische verminderte Appetit hinzukommt, hat man schnell das Problem, dass die Katze viel zu wenig frisst. Mit Phosphatbindern kann das herkömmliche Futter erst einmal weiter im Einsatz bleiben. Allerdings: Die Akzeptanz von Phosphorbindern ist meistens auch nicht bombastisch.
Wenn Du roh fütterst, ist eine Anpassung deutlich einfacher und bedeutet meist keine so gravierende Umstellung für Deine Katze. Aber auch dabei können Phosphorbinder zum Einsatz kommen.
Ein anderer Ansatz ist, einen Teil der Fleischmenge durch gekochtes Eiweiß zu ersetzen. Eiweiß enthält sehr wenig Phosphor, bei 100 g gekochtes Eiweiß sind es etwa 15 mg. Zum Vergleich: Reines Muskelfleisch enthält um die 200 mg Phosphor pro 100 g Fleisch (die Werte der unterschiedlichen Tierarten liegen dabei sehr dicht beieinander, als groben Richtwert kann man das so im Hinterkopf abspeichern).
Gleichzeitig ist gekochtes Eiweiß ein sehr guter Lieferung tierischen, und damit hochverdaulichen Proteins, allerdings auch extrem fettarm.
Komplettzusätze mit Vitaminen und Mineralstoffen, die auch für Katzen geeignet sind, die Phosphor-reduziert gefüttert werden müssen, sind z.B. Felini Renal oder easy B.A.R.F..
Calcium
Als Calciumlieferant eignet sich bei einer CNI am besten feines Calciumcarbonat, Algenkalk oder Eierschalenmehl. Neben dem fehlenden oder nur minimalen Phosphor-Gehalt wird auch die Magensäure etwas gepuffert, die bei CNI oft im Übermaß vorhanden ist und Übelkeit verursacht.
Protein
Im Normalfall wird bei Nierenerkrankungen zu einer proteinreduzierten Fütterung geraten. Allerdings sind gerade Katzen als obligate Carnivoren auf die Zufuhr von Protein zur Erhaltung von Stoffwechselvorgängen angewiesen.
Reduziert man nun die Proteinmenge, steht man zum einen schnell vor dem Problem, dass das Futter nicht oder nicht gerne gefressen wird (Appetitlosigkeit ist bei CNI-Katzen jedoch ohnehin ein Problem) und/ oder verstärkt körpereigenes Protein abgebaut wird, was die Nieren jedoch zusätzlich belastet.
Der oftmals gegebene Ratschlag, dass Protein in der Fütterung reduziert werden muss, wird mittlerweile differenzierter gesehen. Wichtig ist, dass hochwertiges, gut verdauliches Protein gefüttert wird.
Gut verdaulich meint, dass bei der Verstoffwechselung so wenig Nebenprodukte wie möglich anfallen, denn auch diese müssen über die Niere abgebaut werden. In erster Linie kommt da Muskelfleisch in Betracht, denn Innereien enthalten viel Phosphor und sind bindegewebsreich und damit etwas weniger gut verdaulich.
Herz ist so eine Mischung aus beidem – eigentlich Muskelfleisch, aber es enthält etwas mehr Phosphor als „normales“ Muskelfleisch. Aber weniger als Innereien. Wenn Deine Fütterung bislang nicht übermäßig Herz enthielt, kannst Du dabei bleiben – ein Richtwert ist ein Anteil von ca. 10%.
Sollte es trotz allem notwendig sein, dass die Gesamtproteinmenge reduziert werden muss, ist dies am besten über eine Erhöhung des Anteils an tierischem Fett möglich.
Wenn man den Fleischanteil etwas reduziert und statt dessen den Fettanteil als Energielieferant erhöht, kann die Gesamtenergiedichte der einzelnen Rationen beibehalten werden. Je höher also der Fettanteil im Fleisch, desto geringer auch der Proteingehalt bei gleichbleibendem Energiegehalt.
Hier siehst Du beispielhaft, dass man mit einer Erhöhung des Fettanteils den Fleischanteil und damit den Proteinanteil sehr einfach senken kann. Die Gesamtkalorienzahl bleibt in etwa gleich.
Bitte nicht 1:1 übernehmen, es ist wirklich nur ein Beispiel und hat nichts mit einer ausgewogenen Fütterung zu tun.
Anpassungen an die Fütterung von CNI-Katzen sollten generell mit viel Fingerspitzengefühl durchgeführt werden – hol Dir gegebenenfalls Unterstützung.
Fett
Eine Erhöhung des Fettanteils hat auch noch einen weiteren positiven Nebeneffekt: Fett steigert oft die Akzeptanz und die Schmackhaftigkeit des Futters.
Ist der Fettanteil im Fleisch nicht hoch genug (es sollten ca. 25 % sein, in Einzelfällen kann auch über einen noch höheren Fettanteil nachgedacht werden), gibt man reines Fett aus tierischen Quellen hinzu, also z.B. Rinderfett, Lammfett, Ziegenfett etc. Da sollte man ausprobieren, welche Variante am liebsten gefressen wird, nicht immer sind alle Sorten gleichermaßen beliebt.
Notfalls kann man auch Butter nutzen – nicht die allererste Wahl, aber Katzen fressen Butter meistens gerne und problemlos.
Pflanzliche Öle sollte man hingegen, wenn überhaupt, nur sehr sparsam einsetzen. Sie sind für Katzen weniger gut verwertbar, höhere Mengen beanspruchen die Nieren dann auch wieder mehr.
Gleichzeitig scheint es aber Hinweise darauf zu geben, dass die (erhöhte) Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren positiv bei chronischer CNI wirken können.
Aus den genannten Gründen sollte man als Quelle für Omega-3-Fettsäuren Lachs-oder Fischöl nutzen, gerade hier sollte man jedoch auf eine hohe Qualität achten (Kaltgepresst, abgefüllt in einem dunklen, und damit lichtgeschützten Behältnis, am besten Glasflaschen).
Vitamin B
CNI-Katzen scheiden vermehrt Urin aus (Polyurie), daher gehen auch vermehrt wasserlösliche Vitamine verloren. In der Regel wird daher empfohlen, das Futter zusätzlich mit B-Vitaminen anzureichern.
Hierzu kann man entweder einen Vitamin-B-Komplex wählen oder auch Bierhefe. Bierhefe enthält in sehr kleinen Mengen auch Phosphor (um 1%), hat allerdings auch eine appetitanregende Wirkung und wird von vielen Katzen ohne Probleme akzeptiert. Bei einer CNI-Katze solltest Du daher abwägen, ob Bierhefe eine Alternative sein kann, besonders, wenn Deine Katze nicht gut frisst.
Natrium / Kalium
Was den den Natriumgehalt des Futters angeht, gibt es unterschiedliche Auffassungen. Natriumreduktion war lange das Stichwort bei Nierenerkrankungen.
Man sollte dies allerdings etwas differenzierter betrachten: Bei einer vermehrten Urinausscheidung geht auch Natrium verloren, was unter Umständen auch das Natrium-Kalium-Verhältnis aus dem Gleichgewicht bringen kann.
In der Regel orientiert man sich bei einer CNI in den ersten Stadien daher am Natriumbedarf gesunder Katzen. In Sonderfällen muss die Natriummenge reduziert werden (z.B. Bluthochdruck) oder bei zu hohen Flüssigkeitsverlusten leicht erhöht werden.
Kalium muss nur bei entsprechenden Blutwerten ergänzt werden – da sollte man Dosierung und Vorgehensweise immer und unbedingt mit dem behandelnden Tierarzt absprechen.
Was sonst noch?
Lachs ist ein guter Bestandteil der Fütterung – er enthält Vitamin D und ausreichend Fett, davon einen hohen Anteil an Omega-3-Fettsäuren. Du kannst das Fleisch auich kochen, dann eignet sich z.B. auch Schweinefleisch sehr gut für CNI-Katzen geeignet, weil es von Natur aus recht fett ist.
Zu den pflanzlichen Komponenten: Hier eignen sich Flohsamenschalen sehr gut als Ballaststoffe.
Eins muss man sich verdeutlichen: Die richtige Fütterung ist ein wesentlicher Baustein bei Harnwegserkrankungen oder CNI. Auch wenn es kein Patentrezept gibt, das Ziel ist es natürlich, die Lebensqualität Deiner Katze zu stabilisieren, im Idealfall zu verbessern oder wieder herzustellen.
BARF ist eine einfache Möglichkeit, einen direkten Einfluss auf die Fütterung, die Zusammensetzung und alle einzelnen Bestandteile zu nehmen. Es ist kein Wundermittel. Aber gerade, wenn man sich die Zusammenhänge zwischen Fütterung und Erkrankungen des Urogenitaltrakts verdeutlicht, wird schnell deutlich, dass es sinnvoll ist, sich intensiver mit der Fütterung auseinander zu setzen. Es lohnt sich unglaublich, in diesen Punkt Zeit und Geduld zu investieren.
Auch wenn es nicht immer einfach ist, aber die Mühe ist es wert. Immer.
Dem Katertier geht es übrigens momentan sehr gut – und ich hoffe, das bleibt dieses Mal auch sehr lange Zeit so.
Nachtrag: Das dicke Plüsch ist am 22.06.2016 über die Regenbogenbrücke gegangen. Was aber weder etwas mit den Struvitkristallen noch mit CNI zu tun hatte.
Wer sich weiter zum Thema Harnwegserkrankungen oder chronische Niereninsuffizienz informieren möchte, kann hier weiter lesen:
Die umfangreichste Seite zum Thema feline CNI. Auch Harnwegserkrankungen werden am Rande erörtert:
http://www.felinecrf.info/
Teuer, aber unschlagbar, insbesondere für (angehende) THPs: Das Lehrbuch „Krankheiten der Katze“
http://www.amazon.de/Krankheiten-Katze-Hans-Lutz/dp/3830412428/ref=sr_1_1?s=books&ie=UTF8&qid=1450372631&sr=1-1&keywords=krankheiten+der+katze
Gekochtes Eiweiß als Futterbestandteil zur Phosphor-Reduktion:
http://feline-nutrition.org/answers/answers-in-a-bind-over-phosphorus