[BGP015] Zahnstein & Co. bei Hund und Katze – Was kann man für gesunde Zähne tun?

Zahnstein, FORL, Beläge: Kann man durch die Fütterung vorbeugen?

Zahnprobleme sind sehr häufig ein hartnäckiger Begleiter von Hunden und Katzen. Zumindest ab einem gewissen Lebensalter.
Denn auch bei Katzen und Hunden bilden sich Zahnbeläge, die bei nicht ausreichendem Abrieb durch Fütterung oder Zähne putzen irgendwann in Zahnstein und Zahnfleischentzündungen enden. Wenn man nicht frühzeitig reagiert, bleibt einem oft nichts anderes übrig, als unter Vollnarkose eine Zahnreinigung vornehmen zu lassen.

Häufigste Zahnprobleme bei Hunden: Zahnstein und abgebrochene Zähne

Die Art der Zahnprobleme, die bei Hunden, bzw. Katzen auftreten, sind etwas unterschiedlich.
Zahnstein findet man bei beiden Tierarten. Die Entstehung läuft wie beim Menschen ab: An nicht gesäuberten Stellen bildet sich Plaque, in den sich im Speichel enthaltene Calcium- und Phosphorverbindungen einlagern. Eigentlich eine Schutzfunktion, um den Zahn zusätzlich zu festigen und vor Säure, Bakterien etc. abzuschirmen.

Im Laufe der Zeit setzen sich dort jedoch auch Bakterien fest (was sogar ziemlich schnell passiert), gefördert durch Futterreste, die zwischen den Zähnen hängen bleiben. Insbesondere an Sacchariden (Zucker, einfache Kohlenhydrate wie Getreide etc.) siedeln Bakterien besonders gerne. Es gibt Hinweise darauf, dass sich durch diese Geschehen auch die Bakterienbesiedlung im Maul (Mikrobiom) im Laufe der Zeit zum Nachteil verändern kann und sich so Zahnbeläge leichter und schneller bilden.
Zahnstein hat leider häufig Zahnfleischentzündungen zur Folge, denn auch dort siedeln Bakterien durch die Beläge vermehrt.

Manchmal riecht man den Vorgang eher, als dass man ihn wirklich sieht: Wenn man das Gefühl hat, dass der Hund sehr unangenehm aus dem Maul riecht, können Beläge / Zahnstein eine ( von mehreren!) mögliche Ursache sein.

Zahnbeläge entfernen

Um Zahnbeläge zu entfernen, helfen vor allem zwei Maßnahmen.


1. Minimierung / Abrieb durch entsprechende Fütterung

Je mehr Abrieb der Zahnbeläge bereits durch die Gestaltung der Fütterung geschieht, desto besser. Und je weniger Nahrungsreste in den Zahnzwischenräumen verbleiben, desto weniger Plaque.
Bei Nassfutter kann man das durch die Konsistenz nicht immer verhindern, es „klebt“ zum Teil recht hartnäckig. Trockenfutter wird meistens direkt abgeschluckt. Wenn es zwischen den Zähnen geknackt wird, können Nahrungsreste hängen bleiben – und die im TroFo oft reichlich enthaltenen einfachen Kohlehydrate sind ein guter Nährboden für Bakterien.

Beim BARFen kann man sich in Sachen Zahnabrieb gut helfen: Regelmäßig auch stückiges Fleisch füttern, möglichst in einer Größe, bei der der Hund bzw. die Katze kauen muss. Da Hunde Schlingfresser sind und tendenziell erstmal so wenig kauen wie möglich, muss man die ideale Größe ausprobieren. Nicht wenige Hunde neigen dazu, auch recht große Fleischstücke ohne Kauen abzuschlucken, dann ist der Effekt für die Zähne natürlich gleich Null. Es kann zwar sein, dass das Fleisch retour kommt und dann ein zweites Mal nach und nach gefressen wird, aber eben nicht immer.

Für Katzen hat stückiges Fleisch dieselben Vorteile. Ideal sind dabei dünne, lange Streifen, weil diese am längsten gekaut werden.

Andere Möglichkeiten für Abrieb beim Fressen zu sorgen, sind Kauartikel oder rohe fleischige Knochen am Stück.
Bei den Kauartikeln bitte immer die Menge im Blick behalten. Auch wenn sie als „Zahnbürste“ dienen können, sollten sie immer nur einen kleinen Anteil an der gesamten Fütterung ausmachen.

Grössere rohe fleischige Knochen am Stück sollten immer unter Aufsicht gefüttert werden. Bei starken Schlingern ist die Verletzungsgefahr oft zu hoch, dann entfällt diese Variante natürlich. Auch (und gerade) bei Zahnproblemen ist es keine gute Idee, sehr harte Knochen zu füttern. Alle Knochen, die das Körpergewicht eines Tiers tragen, das grösser und schwerer ist als ein Huhn, sind ungeeignet. Zu hoch die Gefahr, dass der Knochen beim darauf beißen splittert oder die Zähne geschädigt werden. Ohne dass man es merkt. Haarrisse sind schwer sichtbar, selbst kleine Abbrüche vom Zahn bemerkt man nicht immer sofort.

2. Zähne putzen

Und zwar manuell, nicht indirekt durch die Fütterung. Weiche Zahnbeläge kann man mit einem weichen Tuch entfernen, indem man regelmäßig mit ganz sanftem Druck die Zähne poliert. Damit sich Zahnstein gar nicht erst bilden kann, liegt die Betonung auf „regelmäßig“, am besten täglich. Es gibt im Handel auch spezielle Hundezahnbürsten. Zum Teil wie eine Art Fingerhut, an der einen Seite mit Borsten oder Noppen versehen. Oder als etwas stabilere Variante der ganz normalen Zahnbürste. Dazu findet man auch eine Vielzahl von Zahnpasta für Tiere. Der Geschmack von Huhn, Rind oder Fisch soll die Begeisterung fürs Zähneputzen erhöhen – mit unterschiedlichem Erfolg. Während man das Zähne putzen mit Hunden sehr gut trainieren kann (und am besten bereits von Kleinauf übt, wenn möglich), zeigen einem Katzen gerne auch mal die Mittelkralle, wenn man versucht, mit irgendwas im Maul herum zu werken. Bei sanftmütigen Katzen ist das möglich, bei anderen sollte man lieber drauf verzichten.

Außerdem gibt es die Möglichkeit, Zahnbeläge mit einer Ultraschall-Zahnbürste zu entfernen. Auch das muss unter Umständen geübt werden und um eine regelmäßige Anwendung kommt man auch hier nicht herum.

Mit welcher Variante man die besten Erfolge hat, muss man testen.

Nicht geeignet: Seealgenmehl

Seealgenmehl wird öfter mal als der ultimative Geheimtipp für alles Mögliche gehandelt: Glänzendes Fell, stärkere Pigmentierung und – als Zahnsteinlöser. Aber außer zur passgenauen Jodzufuhr ist Seealgenmehl für gar nix geeignet.

Seealgenmehl ist eine Jodbombe, bereits kleine Mengen reichen aus, um den täglichen Bedarf zu decken. Zuviel oder zu wenig Jod kann auf längere Sicht die Schilddrüse aus dem Gleichgewicht bringen. Nutzt man täglich Seealgenmehl zum Zähneputzen oder gibt es Pi mal Daumen in die Fütterung, um Zahnstein zu lösen, schießt man mengenmäßig schnell über das Ziel hinaus. Denn Jod ist meist auch Bestandteil der sonstigen Fütterung. Während man beim barfen noch Einfluss auf die Gesamtmenge Jod nehmen kann, ist das bei Fertigfutter kaum möglich.

Es ist nicht nur die Fütterung entscheidend

Leider ist die Neigung zur mehr oder minder ausgeprägten Zahnsteinbildung nicht alleine von der Fütterung abhängig. Sondern auch ein Stück weit genetisch veranlagt. Man kann durch die Fütterung die Rahmenbedingungen schaffen, um eine bestmögliche Prophylaxe zu erreichen. Aber manchmal reicht das alleine nicht aus und es bleibt einem nichts anderes übrig, als den Weg über eine Zahnsanierung in Vollnarkose zu gehen.

Die Geißel der Katze: FORL

Zahnstein ist auch bei Katzen ein großes Thema. Hinzu kommt aber noch eine Erkrankung, die es so bei Hunden nicht gibt. Die sogenannte FORL, abgekürzt für „Feline odontoklastische resorptive Läsionen“. Schwer zu merken, deswegen ist die Abkürzung FORL auch deutlich gebräuchlicheer. FORL ist bei Katzen stark verbreitet, vor allem ältere Katzen leiden darunter. Und leiden ist in diesem Fall wörtlich zu nehmen, denn FORL ist sehr schmerzhaft.

Von außen sieht man die Erkrankung kaum, das ist das Tückische. Während der Zahn oberhalb des Kieferknochens oft völlig intakt aussieht, zersetzt sich im Kiefer unsichtbar Zahnhals und Zahnwurzel. Genauer gesagt, findet eine massive Entkalkung in diesem Bereich statt, was dazu führt, dass der untere Teil des Zahns sich mehr oder minder auflöst. Begleitet werden kann das von Entzündungen der Mundschleimhaut und des Zahnfleisches, das ist aber nur eine Form der FORL. Es gibt genauso die Variante, dass der Zahnabbau ohne Entzündungen von Zahnfleisch und Mundschleimhaut einher geht.

Ursachen ungeklärt

Was genau FORL auslöst, liegt immer noch weitestgehend im Dunkeln. Es scheint, dass das Calcium-Phosphor-Verhältnis eine Rolle spielt, wie auch der Calcium-Gehalt der Fütterung generell. Aber warum sich dies nun ausgerechnet im Zerfall des unteren Zahnteils äußert, weiß man nicht.

Katzen, die schlecht fressen oder grössere Stücke verweigern (auch nicht ausreichend klein gemanschtes Nassfutter!), nur noch auf einer Seite kauen, vermehrt speicheln, sich häufig das Maul schlecken, den Kopf im Sitzen häufig schief halten oder insgesamt „nicht gut drauf“ sind, sollten immer dem Tierarzt vorgestellt werden. Besonders, wenn es sich um eine ältere Katze handelt.
Denn diagnostizieren kann man FORL nur sicher durch ein Röntgenbild und ggffls Sondieren der Zähne. Und so nervig es teilweise ist, mit Katzen zum Tierarzt zu müssen: Bei einem Verdacht, dass die Katze Zahnschmerzen haben könnte, sollte man keine Zeit verlieren. Katzen sind Meister im Verbergen von Schmerz, weil es für sie überlebenswichtig ist. Aber bei einer FORL ist selten nur ein einzelner Zahn betroffen. Und wir alle wissen sehr wahrscheinlich, wie es sich anfühlt, wenn nur EIN Zahn so richtig weh tut.

Wenn es tatsächlich FORL ist, müssen die betroffenen Zähne gezogen werden. Da gibt es leider auch keine Option.

Fressen ohne Zähne?

Die gute Nachricht ist: Nach einer Eingewöhnungsphase kommen Katzen mit dem Zahnverlust sehr gut zurecht. Und sie können auch (fast) alles fressen, indem sie sozusagen auf dem Kieferknochen kauen.
Deswegen ist auch BARF bei zahnlosen oder weitestgehend zahnlosen Katzen kein Problem.

Was logischerweise nicht mehr so gut funktioniert, sind ganze Knochen wie Hühnerhälse oder Hühnerflügel. Da muss man dann meistens auf die gewolfte Alternative zurück greifen.
Die ersten Tage nach der OP sollte man möglichst nichts füttern, was „klebt“, da bietet sich z.B. gekochtes, fein zerteiltes (aber nicht matschig gewolftes) Fleisch an. Aber ansonsten: kein Grund, nicht mehr roh zu füttern.

Vorbeugen nur bedingt möglich

Da man die Hintergründe der Erkrankung noch nicht in allen Einzelheiten kennt, ist es auch schwer möglich, Prophylaxe zu betreiben.
Eine ausreichende Calciumzufuhr und ein passendes Calcium-Phosphor-Verhältnis sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein.
Bei Fertigfutter lohnt es aber durchaus, das mal nachzurechnen (oder nachrechnen zu lassen). Wenn man sich beim BARFen an den gängigen Fütterungsmodellen orientiert, hat man in jedem Fall eine gute Ausgangsbasis. Nachrechnen schadet jedoch auch hier zur Kontrolle nicht.

Fazit

Fütterung und Zahngesundheit hängen unmittelbar oder indirekt zusammen. Je besser man Prophylaxe betreibt, desto besser ist meist auch der Zustand der Zähne. Natürlich bekommt man viele Zahnprobleme gelöst, im Zweifelsfall durch Ziehen der Zähne. Aber eine Vollnarkose bleibt immer auch ein Risiko, das bei alten Tieren nicht auf die leichte Schulter nimmt. Dazu kommt, dass gerade Zahnprobleme das Potential haben, längere Zeit unentdeckt bleiben. Gerade bei Katzen.

Aber trotz bester Vorsorge hat man immer eine Unbekannte in der Gleichung: Das, was man so schön „Veranlagung“ nennt. Die Fütterung und eine entsprechende Prophylaxe außen vor zu lassen, wäre aber ein Fehler.