Was bei Katzen fast schon normal ist, ist bei Hunden eher ungewöhnlich: Verweigerung von Fressbarem.
Futter ist lebensnotwendig. Auch wenn Hunde eine längere Zeit ohne Nahrung auskommen können – auf lange Sicht fehlt nicht nur Energie, sondern viele essentielle Nährstoffe.
Mäkeln ist ein hundeuntypisches Verhalten. Es gibt aus verhaltensbiologischer Sicht keinen Grund für übertriebene Pingeligkeit. Im Gegensatz zu Katzen sind sie nicht auf besondere Beutetiere angewiesen. Sie sind keine strikten Carnivoren, sie nehmen mehr Nahrung auf einmal auf und können somit auch mehrere Tage ohne Futteraufnahme problemlos überstehen.
Futterverweigerung bei Hunden hat daher in den meisten Fällen eine Ursache. Die Problematik liegt oft darin, die Gründe herauszufinden, vor allem, wenn mehrere Ursachen zusammen kommen.
Inhaltsverzeichnis
Welche Ursachen gibt es für Futterverweigerung bei Hunden?
Es gibt bei diesen Gründen vier Hauptkategorien:
- Gründe, die im Futter selbst liegen
- Organische Ursachen (Erkrankungen)
- Hormonelle Ursachen, denen keine Erkrankung zugrunde liegt
- (Unbewusst) antrainierte Ursachen / erlerntes Verhalten
Will man wissen, wie das Problem behoben werden kann, kommt man nicht darum herum, die Ursache zu finden. Oft einfacher gesagt, als getan, denn meistens fühlt man sich in so einer Situation als Halter relativ hilflos. Denn wenn Mäkeln zum Normalfall wird, taucht schnell die Sorge auf, dass der Hund unterversorgt sein könnte. Und damit der gefühlte Druck, unbedingt etwas unternehmen zu müssen, damit gefressen wird.
Die Sorge ist auch nicht so einfach von der Hand zu weisen, denn natürlich können Probleme entstehen, wenn Mäkeln zum Dauerzustand wird. Es geht wohlgemerkt nicht um den Fall, wenn ein Hund an einzelnen Tagen weniger frisst als sonst oder mal eine Fütterung ausgelassen wird. Probleme entstehen grundsätzlich erst, wenn über einen längeren Zeitraum (Wochen, Monate) grundsätzlich zu wenig Nährstoffe und Energie aufgenommen werden. Etwas anders verhält es sich, wenn der Mäkelhund Vorerkrankungen hat, sehr alt oder ein Welpe ist. Auch dann, wenn im Vorfeld eine limitierte Nährstoffaufnahme eine Rolle spielte, wie es beispielsweise bei Ausschlussdiäten der Fall ist, sollte man Mäkeln besonders aufmerksam beobachten.
Was dann schnell auffällig werden kann, ist die Gewichtsabnahme. Das gilt natürlich besonders für Hunde, die kurzes Fell und wenig Unterwolle besitzen und sich dazu ohnehin schon eher in der unteren Gewichtsskala bewegen. Das Gewicht ist häufig auf der einzige Richtwert dafür, dass schlecht gefressen wird. Denn eine einheitliche Definition von „schlecht fressen“ gibt es nicht. Klar, meistens weiß man sofort, was gemeint ist. Zum Beispiel, dass die angebotene Futtermenge nicht komplett gefressen wird. Oder der Napf nur mit spitzen Zähnen geleert wird. Manchmal werden einzelne Futtersorten oder bestimmte Futterbestandteile wie rohe Innereien verweigert, manchmal ist kein festes Muster erkennbar.
Grund 1: Hormone
Hormone sind Fluch und Segen zugleich. Wer schon mal verliebt war, kennt das nur allzu gut. Ohne Hormone würden sehr viele Vorgänge im Körper nicht möglich sein, aber Hormone sind nicht immer direkt beeinflussbar und dadurch machen sie einem (und unseren Hunden) das Leben manchmal nötig schwer. Vor allem, wenn Sexualhormone oder Stress eine Rolle spielen, wird auch der Appetit beeinflusst. Ein intakter Rüde in Nachbarschaft von Hündinnen, die alle nach und nach läufig werden – Horror. Das Letzte, was dann interessiert, ist Nahrungsaufnahme. Genauso betrifft das Hündinnen in der Läufigkeit oder Scheinträchtigkeit. Es ist normal, dass in dieser Zeit unter Umständen weniger als sonst gefressen wird. Was aber auch bedeutet: Das ist im Normalfall kein Grund zur Sorge, sondern reguliert sich mit dem Verlauf des Zyklus.
Und dann die Pubertät. Wenn die Hormone verrückt spielen und massive Umstrukturierungen im Gehirn stattfinden, schwindet leider häufig auch der Appetit. Tatsächlich beobachtet man bei vielen Hunden zwischen dem 7. und 10. Lebensmonat Mäkelphasen. Auch wenn sie dann noch nicht ausgewachsen sind, ist das in der Regel kein Grund zur Beunruhigung. Das Hauptwachstum ist dann bereits vorüber und das Mäkeln temporär. Manchmal hat es auch mit Austesten von Grenzen zu tun, aber irgendwann ist der Spuk so plötzlich vorbei, wie er gekommen ist.
Ähnlich verhält es sich, wenn Hunde mehr oder minder dauerhaft unter Stress stehen. Die Ausschüttung von Stresshormonen signalisiert dem Körper Alarmbereitschaft, die Verdauungsleistung wird gleichzeitig zurückgefahren. Dass heißt auch, dass der Appetit geringer ausgeprägt ist, weil Hunger in akuten Stresssituationen nicht wahrgenommen wird.
Grund 2: Das Futter
Auch wenn man Hunden nachsagt, dass sie wahllos alles fressen: Man sollte ihnen einen gesunden Instinkt nicht absprechen. Ja, die Argumentation wirkt vielleicht etwas fragwürdig – warum soll ein Tier, das mit Leidenschaft Hasenköttel und überhaupt alles Stinkige frisst, ausgerechnet bei normalem Futter mäkeln?
Die Frage ist berechtigt. Und trotzdem muss man ganz klar sagen, dass Hunde ein enormes Geruchsvermögen haben. Sie sind in der Lage, Bakterien oder Krankheitserreger zu riechen. Was genau sie wahrnehmen, wie sie es wahrnehmen, werden wir vielleicht nie wissen. Nur hat vieles, was heute an Futter angeboten wird, mit einer natürlichen Fütterung nicht viel zu tun. Hochgradig verarbeitete Zutaten, Zusatzstoffe, Futterbestandteile wie hydrolysiertes Protein oder Futterzellulose dürften für Hunde nicht unbedingt „fressbar“ erscheinen, selbst mit entsprechenden Aromastoffen. Es ist auffällig, dass viele Hunde wieder besser fressen, wenn sie von Fertigfutter auf Selbstgekochtes oder BARF umgestellt werden. Bei roh gefütterten Hunden ist die Herkunft des Fleisches manchmal der entscheidende Punkt. Und wer weiß schon, ob vielleicht eine besonders hohe Keimbelastung bei Fleisch und Gemüse für Hunde ein Grund für Futterverweigerung sind? Oder vielleicht Pestizide am Gemüse / Obst? Was immer es ist, kann man nur durch Ausprobieren in Erfahrung bringen.
Auch Unverträglichkeiten können evtl. eine Rolle spielen.
Aber es kann auch viel simpler sein: Die Futtermenge passt einfach nicht zum Hund. Oder das Verhältnis Leckerchen – Hauptfutter passt nicht. Man kann die Menge an Leckerchen und Kauartikeln nämlich leicht unterschätzen. Da hilft nur abwiegen, um einen Überblick zu bekommen. Bei mäkeligen Fressern kann es auch sehr hilfreich sein, alle Snacks und Kauartikel erst einmal zu streichen.
Grund 3: Erkrankungen
Wenig erstaunlich ist vermutlich, dass auch Erkrankungen zur Futterverweigerung führen können. Inappetenz ist ein häufiges, unspezifisches Symptom bei vielen Erkrankungen. Die zum Teil in direktem Zusammenhang mit dem Magen-Darm-Trakt stehen können, wie etwa Bauchspeicheldrüsenentzündungen, Gastritis oder Lebererkrankungen. Genauso gehört Niereninsuffizienz zu den typischen Erkrankungen, die Auswirkungen auf das Fressverhalten haben: Durch die nachlassende Nierenfunktion verbleiben mehr toxische Stoffe im Körper, die Übelkeit verursachen. An Fressen ist bei akuter Übelkeit nicht zu denken.
Aber auch Infektionen können Auswirkungen auf den Appetit haben. Gerade schubweise verlaufende Infektionskrankheiten wie Anaplasmose oder Leishmaniose bringen in akuten Phasen oft nicht nur Fieber mit sich, sondern auch Appetitlosigkeit.
Aber Appetitkiller sind auch Schmerzen und allgemeines Unwohlsein. Schmerzen sind ein Warnsignal des Körpers, dem vieles untergeordnet wird. Gerade bei länger anhaltenden oder sehr heftigen Schmerzen ist Futteraufnahme eher die Ausnahme als die Regel. Der Schmerzherd muss dabei ebenfalls nicht zwingend im Verdauungstrakt sitzen oder mit den Zähnen zu tun haben. Denn bei länger anhaltenden Schmerzen bildet sich ein Schmerzgedächtnis aus. Dann signalisieren die Nervenzellen unter Umständen auch Schmerzreize an das ZNS, wenn die Ursache der Schmerzen schon beseitigt wurde. Und trotzdem reagiert der Körper so, als wären die Schmerzen akut. Was auch bedeuten kann, dass der Appetit nach wie vor ausbleibt. Natürlich können es aber auch weniger ernste Gründe sein: Beispielsweise während des Zahnwechsels fressen Welpen unter Umständen weniger als sonst.
Grund 4: Erlerntes Verhalten
Als Hundehalter hört man das nicht so gerne, dass man vielleicht selbst zum Mäkeln beiträgt. Man möchte für sein Tier nur das Beste und macht sich Sorgen, wenn der Hund nicht frisst. Besonders bei Welpen oder kranken Hunden siegt schnell der Gedanke, dass um jeden Preis gefressen werden muss. Dazu gehört aber auch, das eigene Verhalten zu hinterfragen.
Hunde sind clever. Wenn man jedes Mal ein besonderes Schmankerl anbietet, sobald etwas im Napf ist, was nicht soooo lecker ist, kann man sich durchaus einen Mäkler heranziehen.
Fütterung bedeutet auch Aufmerksamkeit. Das Betüddeln und Sorgen, wenn der Hund nicht frisst, besonders.
Wie bekommt man einen Mäkelhund dazu, wieder zu fressen?
Die Lösungen für das Problem muss man unter Umständen erst etwas suchen. Das Erste, was man tun sollte: Sich fragen, ob ein echtes Problem vorliegt oder ein Verhalten, das erklärbar und / oder gfls „normal“ ist. Wie eben beispielsweise ein Hund in der Pubertät oder eine Hündin in der Läufigkeit.
Genauso gehört zu den ersten Schritten, die Fütterung zu überprüfen.
Dazu gehört:
- die Futtermenge
- der Anteil an Leckerchen und Kauartikeln
- die Futterqualität
- die Verdaulichkeit der Fütterung
- Unverträglichkeiten ausschließen
Diese Faktoren kann man alle gut überprüfen und verändern. Wenn der Verdacht aufkommt, dass die Qualität, die Zusammensetzung des Futters oder die Verdaulichkeit die Ursache sein könnten, kann die Umstellung auf ein anderes Futter oder eine andere Fütterungsart (Selbstgekochtes / BARF) helfen.
Es kommt aber auch vor, dass einzelne Futterbestandteile nicht gemocht werden. Beim BARFen sind das typischerweise Innereien (besonders, wenn sie stückig sind) oder Gemüse. Oft ist das recht einfach zu identifizieren. Werden Innereien roh nicht gefressen, kann man sie überbrühen oder garen. Gewolftes kann man gut untermischen, zum Beispiel unter etwas, was besonders gerne gefressen wird. Wie etwa Pansen. Beim Gemüse kann man auch etwas tricksen, indem man es gut untermischt. Oder sich auf die Gemüsesorten beschränkt, die leicht süßlich sind oder von denen man sicher weiß, dass sie gefressen werden.
Hunger ist der beste Koch?
Es gibt Hunde, die lieber tagelang auf Futter verzichten als das angebotene Futter zu fressen. Grundsätzlich ist es so, dass irgendwann der Hunger siegen wird. Die Frage ist immer, ob das Hungern-lassen sinnvoll ist. Denn wenn man nicht sicher weiß, ob Erkrankungen oder Schmerzen hinter der Futterverweigerung stecken, ist hungern lassen ein Risiko. Genauso bei Welpen, bereits untergewichtigen Hunden oder Senioren.
Wenn man all das sicher ausschließen kann, kann man allerdings durchaus schauen, ob die Reduktion der Futtermenge, die Zahl der Fütterungen oder eben die Leckerchen eine Veränderung mit sich bringen. Manche Hunde fressen besser, wenn sie nur einmal am Tag gefüttert werden.
Auch Bewegung darf man als Appetitanreger nicht unterschätzen. Dabei geht es nicht um Hochleistungssport, sondern um ausreichende Bewegung (auch das ist individuell!) und nicht zu vergessen die geistige Auslastung.
Die wunderbare Welt der Hormone
Hormonelle Gründe für Schlechtfuttrigkeit mögen anstrengend sein, aber sie sind meistens auch temporär. Was auch bedeutet, dass nicht zwingend Handlungsbedarf besteht. Es ist im Rahmen des Natürlichen, wenn Hunde zeitweise etwas weniger fressen. Damit kommt der Organismus zurecht. Es gibt sogar auch beim Hund Hinweise darauf, dass zeitweiliges Fasten oder eine Verknappung der Nahrung mittelfristig die Lebensdauer erhöht. Immer unter der Voraussetzung, dass es sich um einen ausgewachsenen, gesunden, nicht untergewichtigen Hund handelt.
Und ein anderer Faktor kommt sicher auch dazu: Wir haben uns an übergewichtige Hunde gewöhnt. Normalgewichte Hunde werden sogar oft als „zu dünn“ eingestuft. Dabei verursacht Übergewicht weit mehr gesundheitliche Probleme als leichtes Untergewicht.
Aber zurück zu den Hormonen. Ein Fall, der nicht ganz so einfach zu lösen ist, ist ein Rüde, der über einen längeren Zeitraum permanent von läufigen Hündinnen umgeben ist. Beispielsweise in der Nachbarschaft. Lösungen muss man dann leider immer individuell suchen.
Stress
Das gilt leider auch für Futterverweigerer, bei denen Stress der Auslöser ist. Stress ist schwer greifbar und oft bedarf es guter Kenntnisse dazu, wie Hunde generell und der eigene Hund im Besonderen ticken. Die Umgebung, Veränderungen, andere Hunde, die Futtersituation…. es gibt unendlich viele Stressoren. Diese ausfindig zu machen, ist der erste Schritt.
Auch dabei muss man das eigene Verhalten reflektieren. Denn wenn man seinen Hund die ganze Zeit mit Argusaugen beim Fressen beobachtet, sich durch die Mäkelei verunsichert oder beunruhigt fühlt, seinem Hund das Futter hinterher trägt – das kann Hunde stressen.
Wenn nichts hilft, hilft oft der Blick von außen durch einen Hundetrainer oder einen Verhaltenstherapeuten. Man selbst ist oft so sehr in der Situation gefangen, dass man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht.
Oder steckt doch etwas anderes dahinter?
Natürlich müssen auch Krankheiten abgeklärt und ausgeschlossen werden. Vor allem dann, wenn man einen Hund mit einen entsprechenden Vorgeschichte hat oder einem ein Seniorhund durchs Leben begleitet. Besonders häufig für eine vermeintliche Mäkelei sind Erkrankungen des Verdauungstraktes verantwortlich. Dicht gefolgt von Unverträglichkeiten und Allergien. Hier muss man sich schrittweise vorarbeiten: Mögliche weitere Symptome beobachten und einstufen, evtl. eine Ausschlussdiät durchführen. Bei Erkrankungen sollte die Fütterung angepasst werden. Das ist zwar nicht immer zwingend notwendig, aber hilft in vielen Fällen, den Krankheitsverlauf zu beeinflussen und dafür zu sorgen, dass der Hund nicht unnötig geschwächt wird.
Aber man sollte immer auch in Richtung Schmerzen denken: Die Zähne, der Bewegungsapparat. Man darf nicht vergessen, dass auch Hunde Schmerzempfinden erst spät anzeigen. Gerade Gebrauchshunderassen sind oft hart im Nehmen. Deswegen ist bei länger anhaltender Futterverweigerung ohne sonst ersichtlichen Grund immer gut, Ursachenforschung auch in diese Richtung zu betreiben.
Alles in allem: Die Gründe fürs Mäkeln können sehr unterschiedlich sein. Es gibt aber für jedes Mäkeln einen Grund. Ob man diesen zwingend herausbekommen muss oder ob man das Ganze mehr oder minder entspannt aussitzen kann, hängt von der Vorgeschichte, der Lebenssituation, dem Gesundheitszustand und dem Alter des Hundes ab. Wichtig ist immer, dass man nicht in Panik verfällt und sich gfls Hilfe sucht. Oft sind es ganz einfache Maßnahmen, die helfen und die Gründe nicht besorgniserregend.