Salmonellen, Botulismusgefahr, Kokzidien… huch.
Warnungen vor der möglichen Übertragung von Erregern durch Rohfleisch werden vor allem von BARF-Gegner immer wieder ausgesprochen. Von der Fütterung von rohem Fleisch wird dann grundsätzlich abgeraten. Zu gefährlich!
Infektionen könnten ausgelöst werden, die unter Umständen nicht harmlos verlaufen, viel zu groß sei das Risiko für Mensch und Tier.
Wenn man so etwas liest, hat man sofort Schlagzeilen von tödlichen Salmonellen-Infektionen in Seniorenheimen im Kopf, von tückischen Erregern, die man nicht sehen, schmecken oder riechen kann.
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Was ist dran?
Es gibt etliche Erreger, die auf und in rohem Fleisch zu finden sein können. Dazu zählen Salmonellen, Toxoplasmen, Campylobacter und das Aujeszkysche Virus, das die sogenannte Pseudotollwut überträgt. Absolut richtig.
Beutefresser / Carnivoren weisen bereits physiologisch einige „Vorsichtsmaßnahmen“ auf, um gegebenenfalls mit der Nahrung aufgenommene Erreger schnellstmöglich unschädlich zu machen.
Die Verdauung fängt so z.B. erst im Magen an, die Magensaftzusammensetzung ist im Gegensatz zur menschlichen aggressiver.
Der Gehalt an Salzsäure ist um ein Vielfaches höher, so dass eine schnellere Zersetzung der Nahrung gewährleistet ist. Zudem ist die Magen-Darm-Passage sehr kurz, so dass Nahrung zügig verarbeitet und aufgeschlossen wird.
Aber auch wenn der Magen-Darm-Trakt bei Carnivoren bestimmte Mechanismen aufweist, die eine Infektion mit Krankheitserregern naturgemäß minimieren, sollten bestimmte grundsätzliche Vorsichts-bzw. Hygienemaßnahmen eingehalten werden.
Herkunft des Fleisches
Als erstes und grundlegendes Kriterium: Die Fleischqualität und die Fleischquelle.
Das Fleisch sollte von Schlachttieren stammen, die für den Lebensmittelverzehr freigegeben wurden und entsprechend veterinärmedizinischen Kontrollen unterliegt. Das gilt insbesondere auch für Wildfleisch!
Bei Fleisch, dessen Herkunft unklar ist, sollte man hingegen Vorsicht walten lassen – besonders bei Fleisch, das in grossen Mengen zu sehr günstigen Preisen angeboten wird.
Für den Shop bekomme ich regelmäßig Angebote für gewolftes Fleisch aus Osteuropa mit einem Kilopreis zwischen 0,07 und 0,25 €.
Zum Beispiel gewolfte Gefügelkarkassen, Putenfleisch mit Knochenanteile, Pansen-Fleisch-Mixe.
Und nein, ich möchte mir nicht vorstellen, wie so ein Kilo-Preis überhaupt zustande kommen kann. Weder in Bezug auf die Tierhaltung, noch wie das Fleisch nach der Schlachtung weiter verarbeitet und gelagert wird.
Fleisch aus Massentierhaltungen ist nicht nur aufgrund der ethischen Komponente, sondern z.B. auch durch die jüngst veröffentliche Studie des BUNDs zur Belastung von Fleisch aus dem Einzelhandel mit multiresistenten Keimen sehr kritisch zu betrachten.
Rohes Schweinefleisch (auch Wildschweinefleisch) darf nicht gefüttert werden, da es Quelle für das Aujeszkysche Virus sein kann und damit eine mögliche Ansteckungsquelle für Hunde und Katzen mit der immer tödlich endenden Pseudotollwut ist.
Auch wenn die Mastschwein-Bestände in Deutschland aus Aujeszky-frei gelten, so ist der Erreger in Wildschwein-Populationen stark verbreitet.
Lagerung
Für frisches Fleisch, dass roh gefüttert werden soll, gelten dieselben Hygiene-Maßnahmen wie bei Fleisch für den menschlichen Verzehr. D.h., Fleisch gekühlt aufbewahren, erst kurz vor der Verarbeitung oder Fütterung aus dem Kühlschrank nehmen.
Fleisch am Stück vor der Weiterverarbeitung ruhig mit kaltem Wasser abspülen, um oberflächlich anhaftende Bakterien abzuspülen. Benutzte Küchenutensilien wie Schneidebrett und Messer direkt säubern, am besten vorher einmal mit sehr heißen oder (wenn das Material es zulässt) auch kochendem Wasser abwaschen.
Bei gefrorenem Fleisch treffen diese Punkte selbstverständlich ebenfalls zu.
D.h., das Fleisch wird im Kühlschrank für einen, max. 2 Tage im Voraus aufgetaut und dann umgehend verfüttert. Wichtig dabei: Während des Auftauens sollte das Fleisch nicht völlig luftdicht abgeschlossen sein.
Der Grund dafür ist das Botulismustoxin, ein Stoffwechselprodukt des Bakteriums Clostridium botulinum, das sich unter bestimmten Voraussetzungen, u.a. Luftauschluss, in Nahrungsmitteln bilden kann.
Botulismusbakterien gehören zu den tödlichsten Bakterien, die die Natur so zu bieten hat, entsprechend umsichtig sollte man da also arbeiten.
Normalerweise enthalten die Fleischpäckchen / Gefrierdosen automatisch etwas Luft, vorsichtig sollte man jedoch z.B. bei komplett vakuumiertem Fleisch sein, genauso, wenn Päckchen oder Dosen eine deutliche Aufwölbung erkennen lassen.
Dann solltest Du nur eins tun: Entsorgen. Ohne wenn und aber.
Du kannst Plastikpackungen zum Auftauen auch vorsichtshalber oben etwas einritzen (gegebenenfalls dann noch zusätzlich in eine Schüssel oder Gefrierdose legen), damit ist die Gefahr schon deutlich minimiert.
Das kurzzeitige Antauen von Fleisch hingegen stellt im Normalfall kein Problem dar. Wenn Du also Fleisch im Online-Shop bestellst und ein Päckchen etwas angetaut ist: Kein Problem. Einfach entweder weiter auftauen und verfüttern oder aber direkt wieder einfrieren.
Viele Hunde mögen auch angegangenes Fleisch gerne.
Auch einwandfreies Fleisch, dass unter den oben genannten Hygienemaßnahmen aufgetaut, weiterverarbeitet und wieder eingefroren wird, stellt bei einem gesunden, ausgewachsenen Tier mit einem intakten Magen-/Darm- bzw. Immunsystem in der Regel kein Problem dar.
Insbesondere bei der Katzen-Rohfütterung wird es oft so gehandhabt, dass eine gewisse Menge Fleisch aufgetaut, supplementiert, portioniert und wieder eingefroren wird, weil die Portionen pro Tag im Gegensatz zu den meisten Hunden eher gering sind.
Welche Variante man wählt, muss man letztlich selbst entscheiden.
Fütterung
Rohes Fleisch sollte selbstverständlich nie zu lange zur freien Verfügung stehen gelassen werden. Dies gilt zwar in erster Linie für Katzen, die bekanntermaßen „Häppchenfresser“ sind, aber auch bei schwerfuttrigen Hunde sollte das Fleisch nie zu lange offen stehen. Zwar fressen Hunde problemlos und oft mit Begeisterung auch bereits angegangenes Fleisch, ein evtl. gesundheitliches Risiko wäre in diesem Fall eher beim Menschen zu sehen.
Vor allem dann, wenn Schwangere, Kinder, alte oder immungeschwächte Menschen mit im Haushalt leben, muss die so mögliche Verkeimungsgefahr minimiert werden. Das gilt zum Beispiel auch für Menschen, die dauerhaft Cortison nehmen müssen.
Katzen und Hunde können auch einfach nur Ausscheider bestimmter Keime sein, ohne selbst irgendwelche Anzeichen aufzuweisen. Aber bei Freigänger-Katzen und Hunden wird man dieses Risiko leider auch nicht auf Null reduzieren können. Bei Wohnungskatzen ist es weniger wahrscheinlich, kann aber natürlich genauso vorkommen.
Im Normalfall wird unser Immunsystem jedoch damit fertig – und ein gewisses Risiko, wenn man sich für ein Zusammenleben mit Tieren entschieden hat, hat man da tatsächlich immer. Egal, ob es Keime, Würmer, Pilze oder Einzeller sind.
Katzen reagieren sehr empfindlich auf Fleisch, das nicht wirklich frisch ist und werden dies im Normalfall nicht fressen. Aber bei sehr jungen, sehr alten oder chronisch kranken Tieren muss genauso besondere Sorgfalt bei der Verarbeitung und Fütterung gelten.
Als Napf oder Schüssel empfiehlt sich Keramik (kein Plastik oder Aluminium), das in der Spülmaschine gesäubert werden kann.
Rohe fleischige Knochen oder grosse Fleischstücke, die vom Hund richtig „bearbeitet“ werden müssen, können auf einer Unterlage / auf dem Balkon / im Garten gefüttert werden.
Zusammenfassung
- Auf die Herkunft des Fleisches achten
- Nase und Augen bei der Beurteilung des Fleisches nutzen – nicht jedes Rohfleisch, was als Tierfuttermittel in den Handel gelangt, ist wirklich frisch
- es gelten grundsätzlich die Hygienemaßnahmen, die auch für die Verarbeitung von rohem Fleisch für den menschlichen Verzehr eingehalten werden müssen
- zur Säuberung entweder Spülschwämme verwenden, die dann direkt entsorgt werden oder Einweg-Putzuntensilien, beispielsweise Küchenrolle (was ökologisch gesehen natürlich nicht die beste Lösung ist, aber manchmal geht es nicht ohne Kompromisse ;- )
- Fleisch gekühlt und zum baldigen Verzehr lagern
- geliefertes Fleisch zeitnah verräumen
- gefrorenes Fleisch im Kühlschrank auftauen lassen
- Fleisch nicht zu lange offen stehen lassen
- Benutzte Küchenuntensilien heiss säubern, Küchenbretter aus Holz verwenden
- Näpfe und Futterplätze nach Fütterung säubern
- besondere Sorgsamkeit sollte bei sehr jungen, sehr alten oder chonisch kranken Tieren gelten!
Wenn man diese Maßnahmen einhält, ist Rohfütterung auch aus hygienischer Sicht kein Problem. Die meisten Hygienemaßnahmen sind im Umgang mit dem Lebensmittel Fleisch ohnehin selbstverständlich oder sollten es zumindest sein.
Das heisst: Die manchmal leicht panisch klingenden Warnhinweise, die man mitunter so in Bezug auf BARF lesen kann, sollte man immer noch einmal genauer gedanklich überprüfen. Mit ein bisschen gesundem Menschenverstand ist das Allermeiste überhaupt kein Problem. Denn vieles dabei wird einfach als „Worst Case“-Szenario dargestellt und entspricht nur bedingt der Realität.
Manche Entscheidungen muss man mitunter auch vom Einzelfall abhängig machen: Gerade bei Erkrankungen, aber manchmal auch bei Schwangerschaften musst Du nicht täglich mit rohem Fleisch hantieren, wenn Dir dabei nicht wohl ist oder es schlicht und ergreifend nicht angezeigt ist.
Dann gibt es Alternativen – lass jemanden für Dich einspringen oder füttere in der Zeit gekochtes Fleisch (das kann gut vorbereitet werden).